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Berlin: Bußgeld für Bundestagsabgeordnete: Verwaltung kassiert bis zu 1000 Mark von Politikern, die sich nicht in Berlin anmelden

Jetzt macht die Verwaltung Ernst. In den vergangenen Tagen verschickte die Behörde von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) eine Reihe von Bußgeld-Bescheiden an Bundestagsabgeordnete, die es versäumt haben, sich rechtzeitig mit ihrem Zweitwohnsitz in Berlin anzumelden.

Jetzt macht die Verwaltung Ernst. In den vergangenen Tagen verschickte die Behörde von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) eine Reihe von Bußgeld-Bescheiden an Bundestagsabgeordnete, die es versäumt haben, sich rechtzeitig mit ihrem Zweitwohnsitz in Berlin anzumelden. "Wir haben eine größere Zahl von Bescheiden versandt", bestätigt Werthebachs Sprecher Stefan Paris. "Mehrere Verfahren laufen außerdem noch." Das Bußgeld beträgt bis zu 1000 Mark.

In einem Schreiben an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) lehnte Werthebach zudem den Wunsch des Bundestags ab, die Meldedaten der Abgeordneten prinzipiell zu sperren. Im August hatte das Fernsehmagazin "Panorama" beim Landeseinwohneramt (LEA) die Meldeadressen von Bundestagsabgeordneten abgefragt. Zuerst waren die Berliner Behörden unsicher, wie sie mit den Parlamentariern umgehen sollten - und fragten die Bundestagsverwaltung am 1. September schriftlich, wie sie auf die Anfragen reagieren sollten. Am 15. September bat Thierse daraufhin um eine pauschale Sperrung der Daten - "bis auf weiteres". Darauf antwortete jetzt Werthebach, eine pauschale Sperrung sei unzulässig. Allerdings könnten die 668 Abgeordneten wie jeder andere Bürger eine individuelle Sperrung beantragen, wenn sie glaubhaft machen könnten, dass eine "Gefahr für Leben und Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange bestehe". "Über diesen Stand werden wir jetzt die Fraktionen informieren", sagt der Sprecher der Bundestagsverwaltung, Hans Hotter.

Auf Nachfrage von "Panorama" hatten diverse Abgeordnete schließlich zugegeben, sie hätten sich nach einem Jahr noch nicht mit Zweitwohnsitz in Berlin gemeldet. Das Meldegesetz sieht vor, dass dies unverzüglich zu geschehen habe. Ende September hatte Werthebach angekündigt, dass "solche Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem Ermessen geahndet werden. In der Regel wird dies dazu führen, dass Bußgelder verhängt werden". Die Verwaltung verhält sich dabei nach eigenen Angaben strikt neutral, Sonderregelungen für Politiker gebe es nicht. "Für uns ist jeder gleich, egal ob Abgeordneter oder nicht", so Paris. 1998 wurden in Berlin 2600 Bußgelder wegen Verstößen gegen das Melderecht verhängt. Im vergangenen Jahr waren es 2222 Fälle, bis Ende September diesen Jahres 1900, darunter auch Bundestagsabgeordnete. Welche Politiker betroffen sind, sagt die Verwaltung allerdings aus Datenschutzgründen nicht.

Für die Abgeordneten hat die leidige Debatte noch weitere Folgen. Nach dem Gesetz müssen sie eine Zweitwohnungssteuer zahlen, wenn sie in Berlin eine Nebenwohnung unterhalten. Die Finanzverwaltung hat deshalb alle Abgeordneten angeschrieben, von denen bekannt wurde, dass sie sich nicht rechtzeitig gemeldet hatten. Vorgesehen ist auch ein Abgleich mit dem Melderegister. "Es gibt auch schon Abgeordnete, die für die Zweitwohnungssteuer veranlagt wurden", sagt der Sprecher der Finanzverwaltung, Klaus Dittko. Säumniszuschläge habe es aber noch nicht gegeben, da die Finanzämter eine Karenzzeit von einem Jahr gelten ließen, die Parlamentarier also sowieso erst jetzt zahlen müssten. Die Steuer beträgt rund fünf Prozent der Jahresmiete.

Das strenge Vorgehen der Verwaltung hatte bei den Abgeordneten erheblichen Unmut hervorgerufen. Er wundere sich, "wie Berliner Behörden mit den Bundestagsabgeordneten umgehen", beschwerte sich etwa Ex-Minister Klaus Kinkel (FDP). Viele Parlamentarier meldeten sich nach den Medienberichten nachträglich an - und klagten über die "schwerfällige Berliner Bürokratie", so Sebastian Hofmann, Mitarbeiter des Grünen-Abgeordneten Oswald Metzger. Die Meldestelle hatte eine Bescheinigung von Metzgers Vermieter nicht anerkennen wollen, weil die Unterschrift nicht auf dem richtigen Formular war. Zudem musste der Politiker zwei Stunden warten und hätte fast einen Termin mit Bahnchef Hartmut Mehdorn verpasst. Schließlich löste Hofmann seinen genervten Chef nach einer Stunde in der Schlange ab.

Holger Stark

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