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Berlin: Computer-Metropole ohne Netzanschluß

BERLIN .Neue Medien, Computertechnik, Internet - viele Jugendliche träumen davon, in dieser Branche zu arbeiten.

BERLIN .Neue Medien, Computertechnik, Internet - viele Jugendliche träumen davon, in dieser Branche zu arbeiten.Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt macht die Hoffnung aber schnell zunichte."Angebote von Firmen kommen nur kleckerweise", klagt Manfred Mandok vom Arbeitsamt Nord.Auch die Senatswirtschaftsverwaltung weiß von "großen Defiziten": Die Industrie- und Handelskammer (IHK) verzeichnete im Juli 1998 nur rund 300 Lehrstellen in den neuen Berufen.Unterdessen stockt selbst die Nachrüstung der Berliner Schulen mit Computern: Von den insgesamt 30 Millionen Mark Lottomitteln, die vor einem Jahr dafür bereitgestellt wurden, konnte noch keine einzige Mark ausgegeben werden.

Sarah und Dana, beide 14 Jahre jung, verbringen ihre Herbstferien auf den "Netdays" in der Ufa-Fabrik, die noch bis Sonnabend Appetit auf die Arbeit mit dem Computer macht.126 Unternehmen sind dort vertreten - doch nur ein Betrieb ist dabei, der Ausbildungsplätze anbietet."Wir suchen zwei Schüler, die Mediengestalter für Digital- und Printmedien lernen wollen", sagt Marlies Schiller von "bvm".Für diesen Beruf gibt es in Berlin nach Angaben des zuständigen IHK-Experten rund 130 Lehrstellen - für einen zum 1.August 1998 neu geschaffenen Ausbildungsgang schon "sehr viel".

Doch lange nicht genug."Die Informationsblätter zu den neuen Medienberufen gehen weg wie warme Semmeln", sagt Berufsberatungsleiter Manfred Mandok vom Arbeitsamt Nord.Viele Firmen müßten sich aber erst mit den neuen Regeln vertraut machen, bevor sie Lehrlinge einstellen könnten."Es mangelt an konkreten Stellen." Berlin - eine Computer-Metropole ohne Netzanschluß.IHK-Sprecher Egbert Steinke lobt indes die Anstrengungen der Betriebe: Im vergangenen Jahr wurden 350 Lehrstellen in den zum Lehrjahr 1997 neu entwickelten elf Berufen wie "Fachinformatiker", "IT-System-Kaufmann/frau" oder "Informatik-Kaufmann/frau" geschaffen.1998 kamen elf weitere Jobs wie der Mediengestalter oder "Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste" hinzu.Dafür zählte man bereits im Juli über 300 neue Lehrstellen.

Dennoch: "Es gibt ein enormes Defizit.Die Wirtschaft klagt darüber, daß sie den Bedarf an hochqualifizierten Fachleuten nicht decken kann - sieht aber nicht, daß das auch an der fehlenden eigenen Ausbildung liegt", sagt Michael Wehran, Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung.In den nächsten Jahren rechnen Experten mit bis zu 80 000 neuen Arbeitsplätzen in der Medienbranche.Um Berlin "auf den Weg in die Informationsgesellschaft" zu bringen und den Wirtschaftsstandort zu sichern, starteten Verwaltung und Firmen ein "Projekt Zukunft".

Unterdessen warten Hunderte Berliner Schulen vergeblich auf die Ausstattung mit modernen Computern, wie sie SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Böger bereits vor einem Jahr mit Lottogeldern angekündigt hatte.Die Initiative in Kooperation mit IHK und Bankgesellschaft scheiterte bislang daran, daß die Schulverwaltung die 10 Millionen Mark dieses Jahr für das "Computer in die Schulen (CidS)"-Projekt bis vor wenigen Wochen nicht beantragt hatte.An der europaweiten Ausschreibung waren viele Stellen beteiligt, sagt Schul-Sprecherin Rita Hermanns."Ich konnte noch keine einzige Schule ausstatten", klagt "CidS"-Geschäftsstellenleiter Markus Kuschela.

ANNETTE KÖGEL

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