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Berlin: Das Lübecker Landgericht bestätigt das Strafmaß des ersten Verfahrens

Der Neonazi hatte im Februar zunächst den Buchhändler Klaus Baltruschat angeschossen, auf seiner Flucht vier Tage später zwei Polizisten getötetFrank Jansen Das Ende war ähnlich bizarr wie der Auftakt: Kay Diesner beschimpfte Journalisten als "Parasiten", dann weigerte er sich, am Prozess teilzunehmen. Also verkündete die 3.

Von Frank Jansen

Der Neonazi hatte im Februar zunächst den Buchhändler Klaus Baltruschat angeschossen, auf seiner Flucht vier Tage später zwei Polizisten getötetFrank Jansen

Das Ende war ähnlich bizarr wie der Auftakt: Kay Diesner beschimpfte Journalisten als "Parasiten", dann weigerte er sich, am Prozess teilzunehmen. Also verkündete die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Lübeck das denkbar härteste Urteil in Abwesenheit des Angeklagten. Der Berliner Neonazi erhielt für die Schüsse auf den Buchhändler Klaus Baltruschat und den Mord an dem Polizisten Stefan Grage erneut lebenslange Haft mit dem Zusatz "besondere Schwere der Schuld". In der Urteilsbegründung bescheinigte der Vorsitzende Richter Horst Kaiser dem Attentäter "übles rechtsradikales Gedankengut" und eine "grundsätzlich menschenfeindliche Gesinnung".

Diesner kann frühestens nach der Verbüßung von 17 Jahren damit rechnen, auf freien Fuß zu kommen. Dieselbe Strafe hatte eine andere Kammer des Lübecker Gerichts bereits im Dezember 1997 verhängt, doch hob der Bundesgerichtshof das Urteil im Juni 1998 teilweise auf. Im zweiten Prozess musste das Verfahren um den Anschlag auf den Buchhändler noch einmal aufgerollt werden. Diesner hatte im Februar 1997 auf Baltruschat in dessen Laden in Marzahn gefeuert. Das Opfer überlebte knapp und verlor den linken Unterarm sowie den kleinen Finger der rechten Hand. Vier Tage später erschoss der Neonazi in Schleswig-Holstein den Polizisten. Im ersten Urteil wertete das Lübecker Gericht das Attentat auf Baltruschat als Mordversuch und verhängte 14 Jahre Haft. Der Polizistenmord wurde mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet.

Damals blieb allerdings unklar, ob Diesner drei oder zwei Schüsse auf Baltruschat abgegeben hatte. Der Verteidiger des Neonazis konnte in seinem Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof geltend machen, sein Mandant habe während des Attentats in Marzahn möglicherweise seine Mordabsicht aufgegeben. Gestern nun stellte das Lübecker Gericht klar, dass davon keine Rede sein kann: Der an Waffen geschulte Rechtsextremist habe nach eigenen Aussagen mit seiner großkalibrigen Waffe ein "faustgroßes Loch" in den Körper eines Opfers schießen wollen, betonte Richter Kaiser. Logische Konsequenz: "Wer einen solchen Schuss abgibt, will einen Menschen töten. Das steht außer jedem Zweifel".

Dabei ging die 3. Große Strafkammer im Gegensatz zur Ersten Kammer sogar davon aus, dass Diesner nicht zwei-, sondern nur einmal direkt auf Baltruschat gefeuert hat. "Es macht aber im Ergebnis keinen Unterschied", sagte der Richter. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens übte der Anwalt von Baltruschat, Ulrich Dost, Kritik an der Berliner Polizei. Diese habe nach dem Anschlag in Marzahn "mit erstaunlicher Schlampigkeit" ermittelt. Die anwesenden Kriminalisten aus Berlin reagierten mit Kopfschütteln.

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