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Berlin: Das Rote Kreuz fordert einen Ausgleich in Millionenhöhe

Berlin sollen Kosten erstatten, die die Unterbringung der DDR-Flüchtlinge verursachte VON KATJA FÜCHSEL Berlin. Die Unterbringung der DDR-Flüchtlinge zur Zeit des Mauerfalls beschäftigt jetzt die Gerichte: Nach sieben Jahren hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) das Land Berlin auf Kostenerstattung verklagt.

Berlin sollen Kosten erstatten, die die Unterbringung der DDR-Flüchtlinge verursachte VON KATJA FÜCHSEL

Berlin. Die Unterbringung der DDR-Flüchtlinge zur Zeit des Mauerfalls beschäftigt jetzt die Gerichte: Nach sieben Jahren hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) das Land Berlin auf Kostenerstattung verklagt.Das DRK will 8,6 Millionen Mark haben, das es für die Einrichtung zusätzlicher Quartiere bezahlt hatte.Das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (LASoz) hat bisher einen Ausgleich verweigert, weil das DRK Häuser zu überhöhten Preisen angemietet habe.Parallel zu dem Rechtsstreit am Landgericht wird der Fall auch in Moabit verhandelt: Hier begann gestern der Strafprozeß gegen zwei ehemalige DRK-Angestellte, die die umstrittenen Verträge abgeschlossen hatten.Ihnen wird Untreue in fünf Fällen vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft haben die Angeklagten - der ehemalige Hauptgeschäftsführer der Landesstelle Berlin, Reiner Klauß, und der ehemalige Hauptabteilungsleiter für Sozialwesen, Felix Meiser - insgesamt fünf Wohnheime und Hotels zu überteuerten Preisen gemietet, "ohne entgegen der eigentlichen Praxis andere DRK-Mitarbeiter mit einzubeziehen." Zwei Verträge fallen dabei besonders ins Auge: Für ein Wohnheim in der Konradstraße wurde ein Mietvertrag von 90.000 Mark unterzeichnet.Der Vormieter hatte nur 47.000 Mark gezahlt.Und das gemietete "Hotel Fontane" ging statt der alten 60.000 Mark nun für 110.000 Mark an das DRK.Der Gesamtmietzins der umstrittenen Gebäude - die Verträge wurden auf die Dauer von fünf Jahren angelegt - soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehr als 37 Millionen Mark betragen haben. Nachdem 1991 die Unregelmäßigkeiten aufgedeckt worden waren, hatte die Staatsanwaltschaft Wohn- und Geschäftsräume des Roten Kreuzes durchsucht.Man wollte dem Geschäftsführer damit eine unrechtmäßige Provision für die Vermittlung nachweisen - die Aktion verlief jedoch erfolglos."In dem Prozeß geht es jetzt nicht um die Frage, ob die Angeklagten Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben", sagt Justizsprecher Rüdiger Reiff.Der Tatbestand der Untreue könne auch schon allein durch den Abschluß nachteiliger Verträge erfüllt sein. Während des ersten Prozeßtages waren die beiden Angeklagten bemüht, die erhobenen Vorwürfe zurückzuweisen.Tätig sei man schließlich nur geworden, weil der ehemalige Leiter des LASoz das DRK inständig gebeten habe, bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu helfen."Wir bekamen die Aufgabe: Helft schnell und unbürokratisch", sagt Reiner Klauß.Zu dieser Zeit - November 1989 - sei der Markt jedoch bereits "völlig dicht" gewesen. Die Angebote der Immobilienfirma "Xenia" erschienen ihnen "zwar teuer", aber "nicht überzogen".Zumal sie auch den Firmeninhaber Heinrich Buhmann - ehemals ein führendes Mitglied der Arbeiterwohlfahrt - als "seriösen Mann" kannten."Einzelheiten hätten später durch den Rahmenvertrag, der zwischen der DRK und dem LASoz besteht, bereinigt werden können." Wichtig seien zu dieser Zeit erst einmal die Menschen und eine schnelle Hilfe gewesen, sagt Klauß.Ferner bestritt Felix Meiser, daß das LASoz nicht über die Miethöhe informiert gewesen sei."Die kannten jeden einzelnen Preis und haben uns dennoch die Häuser aus den Händen gerissen." Schriftliche Beweise gebe es dafür allerdings nicht: Man habe nur telefoniert. Das Landesamt hatte sich im nachhinein geweigert, alle Kosten für die Unterbringung für die Flüchtlinge zu tragen, so daß das DRK den entstandene Schaden in Millionenhöhe zunächst selbst begleichen mußte.Die beiden Angeklagten haben ihre Posten bereits wenige Monate, nachdem der Fall bekannt wurde, verloren.Jetzt hat das DRK beim Landgericht Klage erhoben, um die Kosten zurückerstattet zu bekommen. Zu dem laufenden Verfahren zwischen dem Roten Kreuz und dem Land Berlin wollten sich gestern die Sprecher beider Seiten nicht äußern: "Wir wollen dadurch die Verhandlungen nicht gefährden".Manfred Studier, der Anwalt des ehemaligen Geschäftsführers, gibt sich zuversichtlich: Die Begründung der DRK-Klage stehe schließlich in vollem Einklang mit seiner Verteidigung."Da steht genau das, was wir hier vortragen."

KATJA FÜCHSEL

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