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Berlin: DDR-Nostalgiker mit wenig Rückhalt

PDS-Landesparteitag streitet wieder einmal ums Geschichtsbild. Delegierte stärken Vorstand

Das wird wohl nichts mehr mit den Kommunisten in der PDS. Abermals sind die Genossinnen und Genossen um Sahra Wagenknecht und Ellen Brombacher bei dem Versuch gescheitert, ihrer Partei etwas mehr Respekt vor der DDR beizubringen. Die fünfte Tagung des 10. Landesparteitages – so heißt das bei den Sozialisten – brachte denen, die die DDR noch immer für den besseren deutschen Staat halten, ein paar deutliche Abstimmungsniederlagen bei. Die Pragmatiker um den Landesvorsitzenden Klaus Lederer können sich in ihrer Partei von einer breiten Mehrheit jedenfalls der Delegierten bestätigt und getragen fühlen.

Wie immer, wenn es in der PDS um die Ideologie geht, machte sich der Streit am Umgang mit der Geschichte fest. Sie ist für die Orthodoxen in der PDS ein Züchtigungsmittel: Brächten sie den Mitregierern eine Abstimmungniederlage bei, müssten diese erkennen, wie weit sie sich von der angeblich noch DDR-verhafteten Basis entfernt haben. Motiviert sind die Orthodoxen durch die deutlichen Stimmenverluste der PDS bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus genauso wie durch die bevorstehende Vereinigung mit der WASG. Sie wollen zeigen, dass sich die PDS weder am Verkauf von Landesvermögen beteiligen sollte noch am Privatisieren von Wohnungen und dass das Vorzeigeprojekt Gemeinschaftsschulen im Vergleich zur Sauberkeit reiner Oppositionspolitik wenig bringt.

Lederer hatte seine Parteifreunde zur Einführung seelenmassiert, hatte ihnen Mut gemacht und an sie appelliert, „dass wir uns von unserer Niederlage bei den vergangenen Abgeordnetenhauswahlen nicht völlig erschlagen lassen“. Er hatte die Diskussionsfreude der Partei in den neunziger Jahren gelobt, aber daran erinnert, dass in dieser Zeit eben andere die Entscheidungen in der Berliner Politik getroffen hatten. Er hatte das „soziale Berlin“ skizziert – mit Teilhabe möglichst vieler, Sozialticket, Arbeitsbeschaffung –, das für die Pragmatiker in der PDS ihre Agenda beschreibt. Und dann hatte er sich seine innerparteilichen Gegner vorgenommen: Er sei „entsetzt“, so Lederer, über das, „was ich in euren Überlegungen so zu lesen bekam“.

Was Lederer meinte, zeigt eine Passage, die die Orthodoxen in den Leitantrag hineinbekommen wollten. Da heißt es zum Thema Umgang mit der eigenen Geschichte: „Dass wir mit unserer Sicht auf die DDR des öfteren zwischen die Fronten gegensätzlicher Geschichtsinterpretationen gerieten, zeugt nicht nur von mangelnder Sensibilität gegenüber dem Gros der Parteibasis, sondern gleichermaßen von beträchtlicher Anpassung an den Zeitgeist.“ Entsprechend deutlich wurde Lederer schon bei der Anmoderation des Parteitags: Dass man ihm, dem Pragmatiker, der Politik machen will, Würdelosigkeit und einen Kotau vor der veröffentlichten Meinung vorgeworfen habe, sei eine „Denunziation“.

Es gehört zu den Eigenarten der PDS, dass das Mitmachenwollen in der Demokratie die provoziert, die noch immer an die DDR glauben. Zuletzt hatten sie sich um die „Opfer des Stalinismus“ gestritten, an die nun auf dem Friedrichsfelder Sozialistenfriedhof erinnert wird. Davor war in der Partei Streit um die Hinweise auf das Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen entbrannt. Jetzt, auf dem Parteitag, klagte Ellen Brombacher bitter, viele an der Basis „verzweifeln förmlich daran“, wie führende Genossen „mit unserer Geschichte umgehen“.

Doch offenbar braucht die PDS diesen Streit immer mal wieder. So erinnerten Vorstandsmitglieder daran, dass die DDR geholfen habe, den Prager Frühling „zu beerdigen“, und dass es in der DDR tödlich sein konnte, Freiheitsrechte zu beanspruchen. Nicht „der Sozialismus“ sei historisch legitim, „der Versuch“ sei es.

Nur ein paar versprengte Delegierte hielten danach zu den Orthodoxen. Und auch Sarah Wagenknechts Versuch, den Pragmatikern eine Niederlage im Zusammenhang mit dem Verkauf der Landesbank zuzufügen, scheiterte am späten Nachmittag. Die Kommunistin, die stets wirkt, als habe sie seit 1989 nicht gelacht, warf den PDS-Mitregierern vor, ohne Not die Sparkasse im Paket mit der Landesbank „zu verkloppen“. Die EU verlange das? Dann müsse der Senat die EU-Kommission unter Druck setzen.

Wirtschaftssenator Harald Wolf hatte der Moralpredigt kopfschüttelnd zugehört. Die Delegierten lehnten mit großer Mehrheit einen Protestbeschluss gegen den Sparkassenverkauf ab.

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