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Olympische Spiele in Berlin? Heiner Giersberg, der einst an der Bewerbung um die Spiele 2000 mitarbeitete, hält das für überhaupt keine gute Idee.

© dpa

Debatte um Berlins Bewerbung: Der olympische Zirkus hinterlässt nur Bauruinen

Einst war Heiner Giersberg Sprecher der Olympia-Bewerbung Berlin 2000. Von einem neuen Anlauf hält er aber überhaupt nichts - denn die Stadt ist pleite und die olympische Idee seiner Ansicht nach inzwischen "weitgehend pervertiert". Lesen Sie hier seinen Gastbeitrag.

Als ehemaliger Sprecher der Olympia-Bewerbung Berlin 2000 verstehe ich von der Materie zweifellos weniger als die Parlamentarier des Abgeordnetenhauses und andere Experten. Nach dem Spaß, der Ernst: Unsere seinerzeit mit viel Aufwand, Energie und Sachverstand in den 90er Jahren erarbeitete Olympia-Bewerbung hatte ihren Ursprung in der wahrhaft genialen Überlegung, Olympische Spiele als Brücke zwischen West und Ost in der seinerzeit noch geteilten bzw. sich gerade vereinigenden Stadt zu veranstalten. Kein anderer Veranstaltungsort der Welt konnte auf dieses Momentum verweisen. Doch niemand von der politischen Führung und uns von der Bewerbungsgesellschaft ahnte, wie schnell sich diese Idee – auch international – verbrauchen und durch harte Fakten überholt würde.

Die anfängliche und durchaus gerechtfertigte Euphorie des „Brückenbaus“ versank buchstäblich in zahllosen Baugruben, umhüllt vom Staub unzähliger Lastwagen, die durch eine entfesselte Stadt rollten. Berlin hatte plötzlich andere Sorgen, eine starke No-lympics-Bewegung machte sich bemerkbar, die zuständigen Politiker mochten – wenn überhaupt! – nur halbherzig die Bewerbung vertreten, Ähnliches galt für die Wirtschaft; Presse, Rundfunk und Fernsehen verhielten sich abwartend oder gar negativ, vor allem aber: Die Berliner waren wegen umfänglicher Baumaßnahmen, die zusätzlich für Olympia notwendig sein würden, und der damit verbundenen hohen Kosten in wachsendem Maße skeptisch. Landauf, landab wurden wir gelobt, nur nicht in Berlin selbst. Unser klägliches Ausscheiden in Monte Carlo war die folgerichtige Quittung, wer würde denn Olympische Spiele in eine Stadt vergeben, die diese gar nicht haben wollen würde?

Vieles hat sich seitdem geändert, eine Bewerbung für 2024 oder gar 2028 würde von anderen Voraussetzungen ausgehen können, in der bedeutsamsten indes nicht. Die Skepsis der Berliner ist erneut groß. Zu Recht. Wichtigste Frage: Könnte Berlin diese Milliardeninvestition überhaupt stemmen, selbst wenn man berücksichtigt, dass einige Sportstätten bereits bestehen? Wäre dies sinnvoll für eine Stadt, die finanziell klamm, sogar pleite ist und die wahrlich andere Sorgen hat, als für 14 Tage Heimstatt der inzwischen weitgehend pervertierten olympischen Idee zu sein? Was würden wir denn mit den nur für diesen einen Zweck gebauten Anlagen mangels kontinuierlicher Auslastung anfangen? Milliardenkosten für einen Augenblick, Folgekosten und Schulden für Jahrzehnte?

Nein, Olympische Spiele in Berlin sind keine gute Idee. Überall, wo in den letzten 30 Jahren der „olympische Zirkus“, sommers wie winters, weilte, gibt es olympische Bauruinen ohne Zahl, in die ohne Ende Geld gepumpt wird, um sie vor dem gänzlichen Verfall zu retten. Meist erfolglos. Alle Veranstaltungsorte tragen noch nach Jahrzehnten riesige Olympia-Schulden ab. Solche Spaßveranstaltungen mögen andere noch für sinnvoll halten, vor allem, wenn sie das nötige Geld dafür haben und nicht über verfallene Schulen, Bäder, Turnhallen, kaputte Straßen und über den unfassbaren Skandal eines unsinnigen, milliardenteuren Flughafens die Augen schamhaft zu Boden schlagen müssen. Wir sollten es den Osloern, Berchtesgadenern, den Graubündenern, den Stockholmern, ja den Münchnern mit ihrem Nein zu Winterspielen nachmachen und Hamburg bei dieser Bewerbung den Vortritt lassen: bescheiden und anerkennend. Künftige Generationen werden es uns danken!

Noch mehr Meinungen zur Frage, ob Berlin sich um die Spiele bewerben sollte, lesen Sie hier in unserer Debattenserie.

Heiner Giersberg

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