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Berlin: Den Nazis furchtlos widerstanden

Marion Gräfin Yorck von Wartenburg wird 100

Ihr Mann war zwei Tage tot, da wurde Marion Gräfin Yorck von Wartenburg in Sippenhaft genommen. Das war am 10. August 1944. Das Ehepaar gehörte zum deutschen Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Peter Graf Yorck von Wartenburg bezahlte mit dem Leben dafür, dass er für Freiheit und Demokratie eingetreten war. Nach einem Schauprozess vor dem Volksgerichtshof wurde er hingerichtet. Seine Frau überlebte. Später saß sie als erste Frau in Deutschland einer Schwurgerichtskammer vor. An diesem Montag wird Marion Gräfin Yorck von Wartenburg 100 Jahre alt. Sie lebt zurückgezogen in Dahlem.

1922 machte Marion Winter, wie sie damals noch hieß, am Gymnasium in Berlin-Grunewald Abitur, studierte danach erst Medizin, dann Jura; 1929 schloss sie mit einer Promotion ihr Studium ab. Die Doktorarbeit galt der Frage: „Gehört der Tarifvertrag ins öffentliche Recht?“ Damals war es für Frauen nicht üblich, zu studieren und zu promovieren. 1928 begegnete sie Peter Yorck von Wartenburg, den sie 1930 heiratete. Marion Yorck von Wartenburg arbeitete die ganze Zeit; unter anderem verwaltete sie als Gutsherrin die Besitztümer der Familie ihres Mannes in Schlesien.

Nach dem Krieg ging Marion Yorck in den Justizdienst; sie wurde Vorsitzende einer großen Strafkammer und später Landgerichtsdirektorin. „Es wäre gut, wenn jeder Richter, der Menschen ins Gefängnis schickt, auch selbst mal gesessen hat“, sagte sie einmal. Sie hatte gesessen, in Moabit, später besuchte sie einige ihrer Verurteilten dort in der Haft. „Aber nur nach Rechtskraft des Urteils“, sagt sie, und „wenn ich gemerkt habe, dass denen ihre Tat wirklich Leid tat.“

Sie fand auch einen neuen Lebensgefährten, Ulrich Biel, einen Berliner Juden, der 1934 in die USA emigriert und 1945 als US-Offizier in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. 1946 lernte sie ihn kennen. Geheiratet hat sie ihn nie, aber jahrzehntelang mit ihm zusammengelebt, bis er vor einigen Jahren starb. Als Marion Yorck von Wartenburg 80 Jahre alt war, erschienen unter dem Titel „Die Stärke der Stille“ ihre Lebenserinnerungen.

Ihr Mann plante im Kreisauer Kreis mit Freunden wie Helmuth James von Moltke und Julius Leber schon für das Deutschland nach einem „Tag X“, an dem Hitler endlich weg wäre. Sein Schwager Claus Graf Schenk von Stauffenberg überzeugte Peter Yorck von Wartenburg schließlich, sich an dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 aktiv zu beteiligen. Wie alle Frauen der Verschwörer stand seine Frau die ganze Zeit unterstützend an der Seite ihres Mannes, obwohl das gefährlich war. „Angst haben wir nie verspürt“, sagte Marion von Wartenburg in einem Interview, das in Dorothee Medings Buch „Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli“ (Siedler Verlag) veröffentlicht ist. Dafür sei sie viel zu beschäftigt gewesen, sagt sie. Es klingt wie: Wir waren damit ausgefüllt, das Richtige zu tun.

Fatina Keilani

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