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Denkmäler: Generalprobe am Zietenplatz

Aus zwei mach sechs: Denkmäler preußischer Militärs kehren zurück. Private Spender bezahlten die Restaurierung der Bronzeskulptur.

Prominente Preußengeneräle, die lange aus dem Stadtbild verbannt waren, sind wieder da. Sie stehen auf dem einstigen Wilhelm- und heutigen Zietenplatz in Mitte, direkt über der U-Bahnstation Mohrenstraße, unmittelbar neben der Tschechischen und Nordkoreanischen Botschaft, gegenüber der Thüringischen Landesvertretung. Am Donnerstag werden sie feierlich enthüllt, dazu erklingen historische Märsche, die am preußischen Hof des 18. und frühen 19. Jahrhunderts gespielt wurden.

„Wir bemühen uns, die Kunstwerke aus Schadows Werkstatt und aus seiner Zeit wieder in Berlins historische Mitte zurückzuholen und damit diesem wichtigen Teil der Hauptstadt eine besondere Bedeutung zu geben“, sagt Klaus Gehrmann als Geschäftsführer der Schadow-Gesellschaft. Sechs Marmorstandbilder befanden sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem Wilhelmplatz nahe der Wilhelmstraße und wurden dann durch Bronzegüsse von August Kiss ersetzt. Die Original-Marmorskulpturen zieren heute das Bode-Museum, die Bronzegeneräle wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gerettet und eingelagert und jetzt, restauriert, mit neuen dunkelroten Granitsockeln und Inschrifttafeln wieder aufgestellt. Auf dem Platz stehen bereits Schadows Bronze-Husarengeneral Hans-Joachim von Zieten (seit 2003) und Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, der „Alte Dessauer“ (2005), nun erinnern an vier Eckpunkten einer neuen Grünanlage weitere Standbildergeneräle an Preußens Gloria: Friedrich Wilhelm von Seydlitz, Jakob von Keith, Kurt Christoph Graf von Schwerin und Hans Carl von Winterfeldt. Nachfahren dieser vielfach hoch dekorierten Feldherren werden an der feierlichen Enthüllung teilnehmen und dabei erfahren, dass die Wiedererrichtung der Denkmäler ausschließlich durch private Stifter und Sponsoren mit 300 000 Euro finanziert wurde – zwischen zehn und 100 000 Euro gaben die 300 Spender, „um ein Stück aus historischer Zeit wieder aufzubauen“, sagt Klaus Gehrmann. Und Klaus-Hennig von Krosigk, Berlins Gartenbaudirektor, zitiert vorsichtshalber Wilhelm von Humboldt: „Ein Volk, das keine Vergangenheit haben will, hat auch keine Zuku

nft.“

Die im Auftrag preußischer Könige zwischen 1769 und 1828 auf den Wilhelmplatz gestellten Denkmäler waren Zeugen und Protagonisten deutscher Geschichte, ihre Wiederaufstellung sei ein „eminenter kunstgeschichtlicher Gewinn“ für die in Krieg und Nachkrieg verödete südliche Innenstadt, „aber es ist eben auch die Wiederaneignung von Geschichte durch die Gegenwart, die den Wert der ohne Zweifel mutigen Wiederaufstellung bestimmt“, sagt Krosigk.

Nun bereichern sechs schöne Bronzedenkmäler aus uralten Zeiten einen modern gestalteten Platz. Einer von den Herren mit dem Dreispitz (Generalfeldmarschall Schwerin) hebt beschwörend die Regimentsfahne, Zieten guckt ein wenig ratlos, Seydlitz und Keith zeigen, wo’s langgeht, Generalleutnant von Winterfeldt, von dem Friedrich II. sagte, er war ein guter Mensch, ein Seelenmensch, überblickt die Lage bis zum Horizont, der Alte Dessauer sucht die Historie in der Wilhelmstraße. Er findet nichts, hinter seinem Rücken steht die merkwürdig modernistisch verformte tschechische Botschaft, und am anderen Ende des einstigen Wilhelmplatzes, wo es auch einstmals den „Kaiserhof“ gab, residieren die Abgesandten der ewig leuchtenden Sonne Nordkoreas, des großen Führers Kim Il Sung, der immer mal wieder aus einem Schaukasten die deutschen Genossen grüßt. Am anderen Ende geht Professor Sauer bei Ullrich einkaufen, gelegentlich auch seine Frau, die Kanzlerin. Daneben registriert Olaf Scholz in seinem Ministerium die Arbeitslosenzahlen, dahinter lebte einst Heinrich von Kleist. Eine Berliner Mischung, wie sie bunter nicht sein kann an diesem Ort, der noch vor 20 Jahren ganz anders hieß: Thälmannplatz.

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