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Berlin: Der große Durst

Manche Grünflächenämter schaffen es allein nicht mehr, alle Bäume zu versorgen. Jetzt kommt sogar die Feuerwehr zur Hilfe

Unter der heißen Augustsonne lassen die Linden, Buchen und Ahornbäume in den Berliner Parks und Straßen die Blätter hängen. Noch sind sie zwar grün, aber ihre Ränder rollen sich ein, sie sind weich wie Samt. Die Bäume brauchen dringend Wasser. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Grünflächenämter der einzelnen Bezirke appellieren deshalb auch an alle Berliner, zu Gartenschlauch und Gießkanne zu greifen und dem Baum vor der eigenen Haustür einen Drink auszugeben.

Um den Durst eines Baumes zu löschen, braucht man allerdings eine Menge Wasser. „Eine einzige Gießkanne ist da eher eine symbolische Geste“, sagt Hilmar Schädel, Leiter des Fachbereichs Naturschutz und Grünflächen im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. „Aber wenn der Baum eine Seele hat, findet er das auch schon gut.“ Doch erst 100 Liter auf die hart getrocknete Erde löschen den Durst eines Baumes wirklich. Das sind etwa zehn Gießkannen. Schädel weiß, dass das „eine Knochenarbeit“ sein kann, „vor allem wenn die Bürger nicht parterre wohnen.“ Wegen des Treppensteigens müsse man dann ein wenig Zeit einkalkulieren, um einen Baum per Gießkanne ausreichend zu tränken.

Fast alle Arbeitskräfte der Grünflächenämter sind seit Wochen fast täglich mit dem Schlauch unterwegs. Da vor allem die jungen Bäume mit ihren kurzen Wurzeln trotz der Anstrengungen zu vertrocknen drohen, hilft in den einigen Bezirken auch die Feuerwehr. So wässern in Steglitz–Zehlendorf seit gestern bis Freitag zwei Löschfahrzeuge 120 Jungbäume. Auch in Kreuzberg zog gestern ein Feuerwehrauto mit großem Tank und drei Leuten los, um die Bäume auf den Mittelstreifen zu tränken. „Am Mehringdamm, Kottbusser Damm und an der Hasenheide sind die Bäume besonders gefährdet, weil unter diesen Straßen U-Bahnen fahren“, erklärt Schädel. „Durch die Schächte können die Bäume nicht so tief wurzeln.“

Dass die Arbeiter mit Gießen alle Hände voll zu tun haben, kann man auch am Müll in den Parks ablesen. Bier- und Sektflaschen, Zigarettenschachteln und Zeitungen an den beliebten Treffpunkten im Görlitzer Park oder am Urbanhafen zeugen von Partys während der lauen Nächte. „Die Mülleimer in den Parks werden vor und nach jedem Wochenende geleert, aber in diesen Tagen bleibt nicht immer Zeit, den Rasen abzusammeln“, sagt Schädel. Auch hier würde mehr Verantwortungsbewusstsein bei den Bürgern einiges bewirken: „Was man zum Picknick in den Park trägt, kann man auch wieder zu Hause entsorgen.“

Die Kühlbox mit Salat hat dem Steak vom Grill den Rang abgelaufen. Das haben zumindest Mitarbeiter des Grünflächenamtes Friedrichshain-Kreuzberg beobachtet. Man sehe keinen Grund, den wenigen Grillern an den offiziellen Stellen das Vergnügen zu verbieten.

Till Schröder

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