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Berlin: Der neue Chef blieb unerkannt

Beim Tag der offenen Tür der BVG sah sich auch der Vorstandsvorsitzende um / 100. Geburtstag der U-Bahn

Von Klaus Kurpjuweit

Knapp drei Millionen Fahrgäste hat die BVG am Tag. Die Berliner sollten also „ihre“ Bahnen und Busse kennen. Denkste. Wenn die BVG ihre Türen öffnet, strömen die Neugierigen zu Tausenden, um in der Schlange stehend zu sehen, was sie auch im Alltag erleben. Doch ganz so sei es nicht, widersprechen Alice und Heinz Kammgarn. Die beiden Rentner gehörten gestern zu den etwa 25 000 Besuchern, die in die U-Bahn-Betriebswerkstatt Friedrichsfelde gekommen waren, wo die BVG mit einem Aktionstag den 100. Geburtstag der U-Bahn feierte.

„Hier gibt’s etwas, was es sonst nicht gibt“, ist Heinz Kammgarn überzeugt. Unter anderem war es möglich, für 5 Euro einen U-Bahn-Zug selbst zu steuern – unter Aufsicht. Den Erlös erhalten die Opfer der Flutkatastrophe. Schon in der U-Bahn, die Kammgarns zum BVG-Gelände am Tierpark bringt, blättern die beiden in Broschüren. Eingedeckt hatten sie sich damit im U-Bahnhof Reichstag, der ebenfalls geöffnet war. „Es ist eine Schande, dass die U-Bahn dort nicht weitergebaut wird“, schimpft Kammgarn. Am Reichstag hatte er das Angebot der BVG genutzt, ein Stück durch den im Rohbau fertigen Tunnel der Linie U 5 zu laufen. Der Senat hat hier den Weiterbau gestoppt.

Zu einem anderen Bahnhof, der ebenfalls auf unabsehbare Zeit keine Züge sehen wird, hatte es das Paar nicht mehr geschafft. Im neuen Regionalbahnhof Potsdamer Platz der Bahn ist auch ein U-Bahnhof integriert, der dort in der Bahnsteighalle an der Decke hängt. Gedacht ist er für eine künftige Linie U 3, die einmal vom Adenauerplatz nach Weißensee führen soll. Derzeit findet dort eine Ausstellung zum Kunststoff-Recycling statt. „Die haben wir schon gesehen“, sagt Alice Kammgarn. Natürlich. Wer ein echter U-Bahn-Fan ist, wartet nicht länger, als er unbedingt muss, auf die ungewöhnlichen Einblicke. Gestern kamen nach Angaben der BVG jeweils gut 10 000 Besucher in die beiden Bahnhöfe, mehr als 20 000 fanden den Weg in die Betriebswerkstatt, und mit 2000 Neugierigen war es zeitweise auch in der Schaltwarte Turmstraße, dem Herzstück der U-Bahn-Stromversorgung, ziemlich eng.

Den Blick hinter die Kulissen nutzte auch einer, der bald im Rampenlicht steht: der künftige BVG-Chef Andreas Graf von Arnim. Er stellte sich in Friedrichsfelde auch einem Teil seiner künftigen Mitarbeiter vor, die ihn bisher nicht kannten. Er selbst konnte gestern weitgehend unerkannt über das Gelände schlendern und sich von Vorstandskollegen und Direktoren den Betrieb erklären lassen. Auch ein Stück Schiene kaufte von Arnim an einem der Stände. Verkehrsbetriebe hätten ihn schon immer fasziniert, sagte der Betriebswirt.

Bange sei ihm vor der Aufgabe nicht, die BVG in ein wettbewerbsfähiges Unternehmen zu verwandeln. Die ersten Schritte dazu hat bereits der bisherige Vorstand eingeleitet. Und gerne hörte der neue Chef vom Technik-Vorstand Hans-Heino Dubenkropp, dass die BVG Anfang der 80er Jahre noch ein verschnarchter Betrieb gewesen, heute aber in vielen Bereichen führend sei. So war es auch beim automatischen U-Bahn-Betrieb für vorhandene Strecken. Durch den Stopp der U 5-Verlängerung wurde auch dieses Projekt gestoppt. Umgesetzt wird es nun in Nürnberg. Immerhin war in Friedrichsfelde noch der Testzug zu sehen – neugierig inspiziert auch von den Kammgarns.

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