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Berlin: Der Star-Organisator

Heute wird der Musikpreis Echo verliehen. Gerd Gebhardt hat ihn miterfunden

Früher fand Gerd Gebhardt kreischende Fans nervig. Deretwegen hat er in seiner Jugend, im Juni 1966 war das, sogar auf ein Beatles-Konzert verzichtet – mit schreienden Mädchen wollte Gebhardt damals nicht vor derselben Bühne stehen. Hinterher hat er sich geärgert, weil die Beatles danach nie wieder in Deutschland aufgetreten sind.

Inzwischen hat Gebhardt seine Einstellung geändert. Wenn heute Abend Tokio Hotel spielen und ihre Musik im Fangeschrei untergeht, dann wird er sich freuen. Weil das bedeutet, dass sein Team eine Band zum Echo geholt hat, die vielen Menschen viel bedeutet.

Heute findet im Palais am Funkturm die 16. Verleihung des Musikpreises Echo statt. Gerd Gebhardt ist der ausführende Produzent der Show. Der wichtigste Mann im Hintergrund, der jedes Detail zu verantworten hat – von der Zuteilung der VIP-Karten bis zur Faltenfreiheit des roten Teppichs. Natürlich auch die Auswahl der auftretenden Künstler. Dass Jennifer Lopez schon im Dezember zugesagt hat, war eine Überraschung. „Sie bringt Hollywood-Glamour mit“, freut er sich. Und die Beatsteaks aus Berlin hört er auch privat gerne: „Die machen Punk-Rock im besten Sinne, wenn man sowas heute noch sagen kann.“

Gerd Gebhardt war auch dabei, als der Echo 1990 erfunden wurde. Damals saß er in der Geschäftsführung der Plattenfirma „Wea Records“, und weil er gut organisieren konnte, berief man ihn in den Planungsstab für den Musikpreis. Später wechselte der gebürtige Frankfurter zu Warner Music, dann an die Spitze der Deutschen Phonoverbände, machte Lobbyarbeit für die Musikindustrie. Und das bedeutete vor allem: Dem Schwarzbrennen von CDs und dem illegalen Musikdownload aus dem Internet den Kampf ansagen. Nein, sagt Gebhardt, Verbandsarbeit sei keineswegs uncool. „Ich habe Werbekaufmann gelernt. Ich weiß, dass es weit Schlimmeres zu verkaufen gibt als Musik.“ Ende 2005 gab er den Posten ab, aber das CD-Brennen regt ihn immer noch auf. Seinem Sohn hat er es früh verboten. Und der, inzwischen 20, hält sich dran, sagt Gebhardt. „Aber natürlich weiß ich, dass Leute in seinem Umfeld durchaus brennen. Da kann ich nichts ausrichten.“ In einem Jahr wagte es ein DJ, auf der offiziellen Echo-Aftershowparty gebrannte CDs abzuspielen. Der legt seitdem nicht mehr auf.

Seit 30 Jahren arbeitet Gebhardt jetzt für die Musikindustrie. Inzwischen ist er 56, die meisten in der Branche sind deutlich jünger. Gebhardt findet das angenehm. Und fühlt sich „keinen Tag älter als 25“. Es sei denn, die Nacht zuvor war sehr lang. Das beste Zeichen, dass Gebhardt noch Heißhunger auf Musik hat: Er stürmt immer noch in den CD-Laden, wenn er ein neues gutes Lied gehört hat. So war das zuletzt bei „Klar“ von Jan Delay. Immerhin bringt das Alter Erfahrung mit sich. Die Aufregung vor heute Abend hält sich bei Gebhardt in Grenzen. Richtig schiefgegangen ist schließlich noch nie etwas. Selbst bei der Preisverleihung 2002, als Alanis Morissette im ICC auf der Bühne stand und dreimal hintereinander ihr Lied singen musste, weil ständig die Technik ausfiel, selbst da hat man hinterher im Fernsehen eine perfekte Show gesehen. Die Verleihung wird zeitversetzt übertragen, solche Schnitzer kann man rausschneiden.

Ob der Echo auch 2008 in Berlin stattfindet, kann Gebhardt nicht sagen. Jedes Jahr wird neu verhandelt und dann entschieden. Aber dass sich Gebhardts Team nach Stationen in München und Hamburg seit 2001 jedes Jahr für Berlin ausgesprochen hat, ist ein gutes Zeichen. Und Berlin ist eben die Musikhauptstadt, findet Gebhardt. Wegen der vielen Plattenfirmen, aber auch wegen der zahlreichen guten Musiker. Beatsteaks, Bushido, Rosenstolz, Silbermond. Die sind heute Abend alle dabei.

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