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Deutschlandhalle

© Kleist-Heinrich

Deutschlandhalle: Die letzten Pirouetten

Bis Ende April müssen die Eissportler ausziehen – dann naht das Ende der Deutschlandhalle. Die Sportler hofften auf einen Hangar in Tempelhof. Die Vermietung an Bread & Butter macht das jetzt wohl unmöglich.

Bei flotter Musik drehen sie Pirouetten, lachen, die Stimmung ist gut am Dienstagmittag beim öffentlichen Eislauf für Senioren, später kommen Schulvereine, danach trainieren die Preußen Juniors und viele andere Eishockey-Vereine. Das Haus ist die Woche voll ausgebucht mit rund 800 Eissportlern. Alle, die sich auf glattem Eis bewegen, sind aber traurig, dass ihnen die Halle so langsam unter den Kufen wegrutscht. Ende April ist Schluss, dann endet die Eissaison – damit auch das Leben der Deutschlandhalle.

Dass sich die Pforten zum Start der nächsten Saison wieder öffnen, bleibt wohl ein frommer Wunsch der Eissportler. „Es sieht so aus, als ob der Abriss noch in diesem Jahr begonnen wird“, lässt der zuständige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) wissen. Einen Termin nennt er nicht, die Kosten werden auf 4,5 Millionen Euro geschätzt. Noch müsse man mit der obersten Denkmalschutzbehörde reden, für die Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zuständig ist. Deren Verwaltung will sich nicht äußern, teilt nur vorsorglich mit, dass der Denkmalschutz für ein Bauwerk aufgehoben werden kann, wenn es nicht mehr wirtschaftlich ist. Die Messe Berlin, die bislang die Halle betreibt, hält sie für unwirtschaftlich und unbrauchbar und möchte an dieser Stelle eine neue Messehalle errichten, um ihre Platznot zu verringern. Fertige Pläne gibt es noch nicht. „Die Deutschlandhalle ist marode, wir wollen eine andere Lösung“, sagt Messesprecher Michael Hofer kurz und knapp. Ein weiterer Betrieb erfordere neue Untersuchungen der Bundesanstalt für Materialprüfung. Das Dach gilt als Schwachpunkt, auch die Haustechnik.

Es sieht nicht gut aus für die Halle, die 1935 errichtet und nach Kriegszerstörungen 1957 wieder aufgebaut wurde. Der Senat beschloss im vergangenen Jahr, das Gebäude abzureißen und an der Glockenturmstraße nahe dem Olympiastadion eine neue Eissporthalle zu bauen. Sie soll vom Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf für rund elf Millionen Euro errichtet werden. Damit kann aber erst nach der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im Sommer begonnen werden, fertig wird der Neubau 2011. Die Bezirksverordneten haben beschlossen, die Deutschlandhalle erst abzureißen, wenn die Ersatzsporthalle fertig ist. Dafür gibt es auch im Abgeordnetenhaus Zustimmung. Doch der Abriss naht und die Eissportler stehen trotz der Bemühungen der Sportverwaltung bislang ohne Übergangslösung da. „Eine große Katastrophe“, sagt Bernd Schüler, der Geschäftsführer des Eissport-Verbandes Berlin. Die Deutschlandhalle sei entgegen den Äußerungen der Messe voll funktionsfähig. Dieser Ansicht sind auch Dietmar Bothe vom Landessportbund und Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU), der heute im Bauausschuss im Rathaus Wilmersdorf die Pläne für die neue Halle erläutern will. Der Bezirkspolitiker betont, dass die Deutschlandhalle nach wie vor unter Denkmalschutz steht und seine Fachbehörde nicht gewillt sei, ihn aufzuheben. Andererseits könne die Senatorin für Stadtentwicklung dagegen votieren.

Auf einen Hangar im Flughafen Tempelhof hatten alle Seiten große Hoffnungen gesetzt – die Eisanlage der Deutschlandhalle hätte man verfrachtet. Die Entscheidung für die Modemesse Bread and Butter machte einen Strich durch die Rechnung. Auch Vorschläge, alte Industriehallen von Siemens und Borsig oder das Velodrom als Übergangslösung für die Eissportler zu nehmen, erwiesen sich bislang als unrealistisch. Nicola Rothermel von der Senatsbehörde für Inneres und Sport bestätigt am Dienstag, dass es noch keinen Ausweg gibt. Aber man sei zuversichtlich, bis zum 30. April eine Übergangslösung gefunden zu haben.

Die Deutschlandhalle selbst wird es nicht sein, „die wird abgerissen“. Bis dahin aber dürfen noch einige Runden auf dem Eis gedreht werden.

Christian van Lessen

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