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Berlin: Die Ägypter kommen

Das Musical „Aida“ zieht mit Sack und Pack ins Theater des Westens. Premiere ist am Samstag

Zehn Männer braucht es, um das schwarze Gitter in die Höhe zu hieven. Muskeln zucken, der Schweiß fließt, dann steht es und wird an Stahlseilen festgemacht. Es dient als Zaun für das Lager, in dem die Ägypter ihre Sklaven halten. Die insgesamt 60 Männer, die den Mammutumzug des Musicals „Aida“ von Bremen nach Berlin innerhalb von nur drei Tagen bewältigen, machen ihre schweißtreibende Arbeit aber freiwillig - und mit größter Präzision.

„Das ist oft Millimeterarbeit“, sagt Clemens Weissenburger, der den Umzug koordiniert. Hinter der Bühne hängen Ketten von der Decke, an denen Bühnenteile hochgezogen und mit Stahlseilen fixiert werden. Da muss alles ineinander passen. Noch herrscht großes Chaos auf der Hinterbühne. Kabel lugen aus dem Boden hervor, Flight Cases – die fahrbaren Koffer für die Dekoteile – stehen herum. Bisweilen wird es laut: Das Klopfen eines Vorschlaghammers dröhnt durch den hohen Raum und ein schwerer Bohrer frisst sich durch Stahl. „Hier ist noch eine entspannte Atmosphäre“, meint Weissenburger gelassen. In der Nacht zum Dienstag um drei Uhr kamen die ersten Trucks an, allein das Gepäck der Crew füllte einen ganzen Anhänger. Jetzt ist es Mittwoch und nur noch zwei Vierzigtonner stehen vor der Tür. Die größten Probleme sind bereits bewältigt.

Seit November 2005 ist das Musical über die Liebesgeschichte zwischen der versklavten nubischen Prinzessin Aida und dem Ägypter Radames, auf Tour. Berlin ist bereits die vierte Station, doch „Routine ist das nie, es gibt immer neues Chaos“, erzählt Weissenburger. Das altehrwürdige Theater des Westens, das im Oktober sein 110-jähriges Bestehen feiert, forderte vor allem die Maskenbildner und die Requisite. Weil es keinen Aufzug gibt, mussten alle 55 Perücken in den zweiten Stock getragen werden. Viele der 250 Kostüme kommen sogar in den fünften Stock. Hier drehen sich die Trommeln von vier großen Waschmaschinen, parallel dazu verrichten zwei Trockner ihr Werk. Allein Pharaotochter Amneris besitzt zwölf Kleider. Damit sie die auch alle schnell an- und ausgezogen bekommt, steht ihr während der Aufführung ein eigener sogenannter „Dresser“ zur Seite. Gesa Werner ist die Abteilungsleiterin für die Kostüme. „Ein Hut ist aus Plexiglas und wiegt fünf Kilogramm. Ein Kleid, an dem Lampen befestigt sind, wiegt sogar 13 Kilo“, beschreibt sie die ausgefallensten Stücke.

In ihrem Tourkoffer hat sie leichteres Gepäck, schließlich ist sie seit September ständig unterwegs. Doch das Tourleben gefällt ihr: „Es ist spannend, immer wieder neue Städte zu erleben.“ Vor allem auf Berlin hat sie sich gefreut. „Endlich mal eine richtige Stadt.“ Davon können sich auch schon die Darsteller überzeugen, die alle bereits ihr Quartier bezogen haben. Die ersten Probenpläne hängen vor der Tür zur Bühne und bis zur Premiere am Samstag um 18 Uhr, sollten auch die letzten Requisiten ihren Platz gefunden haben.

Am 18. November zieht das Ensemble weiter. Wieder muss es dann schnell gehen und bloß nichts vergessen werden. Das ist auch schon vorgekommen, erzählt Weissenburger. „Da rief jemand an und meinte: Da steht noch ein Koffer von euch.“ Sollte das diesmal wieder passieren, kann der Inhalt ja vielleicht im „Tanz der Vampire“ Verwendung finden. Das Grusel-Musical löst die Ägyptenkulisse im Dezember ab.

Tickets: 01805 - 4444 (0, 12 Euro/ Min)

Matthias Jekosch

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