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Berlin: DIE DDR VOR DEM AUFSTAND – KALENDERBLATT 1. Juni 1953: Arbeiter sollen für das gleiche Geld mehr leisten

Der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 hatte eine dramatische Vorgeschichte.

Der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 hatte eine dramatische Vorgeschichte. Der Tagesspiegel schildert die Ereignisse des Juni 1953 in einem täglichen Kalenderblatt. Heute: der 1. Juni 1953.

In der DDR geben die Betriebsleitungen den Belegschaften bekannt, dass die Arbeitsnormen erhöht werden. Am 28. Mai hatte der DDRMinisterrat eine Steigerung der Arbeitsnormen um durchschnittlich 10,3 Prozent verordnet – das bedeutete, dass alle Arbeiter bei gleichem Lohn zehn Prozent mehr Arbeitsleistung abzuliefern hatten. In einigen Betrieben drohen noch deutlichere Lohnsenkungen. Die Parteiführung braucht das eingesparte Geld, um den von ihr beschlossenen „Aufbau des Sozialismus“ (siehe Text oben) voranzutreiben und die geplanten Investitionen in die Schwerindustrie und die Armee zu finanzieren. In Fürstenwalde, Hennigsdorf, Chemnitz-Borna und anderen Orten legen Beschäftigte aus Protest gegen die Lohnkürzungen ihre Arbeit nieder.

Die Sowjetführung ist zunehmend beunruhigt über die Lage in der DDR. Der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw M. Molotow legt dem Ministerrat ein Papier mit dem Titel „Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR“ vor. Es sieht die Abkehr von der SED-Politik vor. Der forcierte sozialistische Aufbau wird vom Kreml als Ursache für die „äußerst unbefriedigende politische und wirtschaftliche Lage“ in der DDR angeprangert. Für eine Umstrukturierung der Wirtschaft seien die innen- und außenpolitischen Voraussetzungen nicht gegeben. SED-Generalsekretär Walter Ulbricht, Ministerpräsident Otto Grotewohl und ZK-Sekretär Fred Oelßner werden für den nächsten Tag nach Moskau zitiert.

In der Tschechoslowakei sorgt unterdessen die Ende Mai beschlossene Währungsunion für Unruhe. Im westböhmischen Pilsen protestieren spontan tausende Arbeiter der Skoda-Werke gegen die Reform, weil sie Angst um ihre Sparguthaben haben. Sie besetzen das Stadtzentrum. Erst Polizei und Armee können die Lage in Pilsen wieder unter Kontrolle bringen.sto

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