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Berlin: Die Einnahmequellen versiegen - Zu hohe Personal- und Sozialhilfeausgaben

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing hat gestern eine Haushaltssperre verhängt. Sie hofft, auf diese Weise bis zum Jahresende 1999 noch etwa 200 bis 250 Millionen Mark einsparen zu können.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing hat gestern eine Haushaltssperre verhängt. Sie hofft, auf diese Weise bis zum Jahresende 1999 noch etwa 200 bis 250 Millionen Mark einsparen zu können. Ab 1. Januar 2000 gilt ohnehin eine vorläufige Haushaltswirtschaft, weil ein neuer Landeshaushalt nicht mehr rechtzeitig beschlossen werden kann. Grund für die Haushaltssperre ist ein "Finanzstatus" für 1999, der einen Fehlbetrag von drei Milliarden Mark prognostiziert. Dieser hohe Fehlbetrag muss im Haushaltsjahr 2001 ausgeglichen werden.

Der Senat wurde gestern über die - erneut schwierige - Finanzsituation des Landes Berlin informiert. Höhere Personalausgaben und sehr viel geringere Einnahmen aus Vermögensverkäufen als geplant sind die Hauptursachen für das Drei-Milliarden-Loch. Die jüngste Steuerschätzung, nach der man 1999 Mehreinnahmen von 205 Millionen Mark erwarten kann, sind dabei schon berücksichtigt. Nach Informationen des Tagesspiegels rechnet sich der Fehlbetrag folgendermaßen zusammen

Personal: Die für 1999 eingeplanten Personalausgaben (13,424 Milliarden Mark) werden in den Senatsverwaltungen um 462 Millionen Mark und in den Bezirken um 69 Millionen Mark überschritten. Der hohe Tarifabschluss im Staatsdienst war dafür ausschlaggebend, außerdem fielen zusätzliche Versorgungs- und Beihilfekosten an. Teuer ist auch der Einstellungskorridor für Lehrer. Auch wenn man die vom Senat beschlossene Tarifvorsorge einrechnet, bleibt ein Minus von 300 Millionen Mark. Der Personalkosten-Bilanz kommt dabei noch zugute, dass die Bundesanstalt für Arbeit in diesem Jahr 80 Millionen Mark weniger für ABM überweist. In diesem Umfang entfallen auch Ausgaben des Landes für Beschäftigungsmaßnahmen. Ansonsten würden die Personalausgaben 1999 allein in der Hauptverwaltung um über eine halbe Milliarde Mark überschritten.

Vermögen: Ursprünglich geplant waren Einnahmen aus der Vermögensaktivierung in Höhe von 3,4 Milliarden Mark. Bis jetzt wurden erst 151 Millionen Mark (haupsächlich aus Grundstücksverkäufen) erzielt. Eine Milliarde Mark sollen es bis Jahresende 1999 noch insgesamt werden. Es bliebe trotzdem ein gewaltiges Minus von 2,4 Milliarden Mark. Fugmann-Heesing hofft deshalb auf einen raschen Verkauf der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (GSG), das Abgeordnetenhaus muss den vorliegenden Verträgen aber erst zustimmen. Weitere In-Sich-Geschäfte zwischen städtischen Wohnungsbaugesellschaften und die Ablösung von Aufwendungsdarlehen im sozialen Wohnungsbau sind noch im Verhandlungsstadium. Alle Vermögensgeschäfte, die vor der Abgeordnetenhauswahl liegen geblieben seien, müssten bis 2001 nachgeholt werden, mahnte die Finanzsenatorin. Es sei "das Recht des Wahlsiegers CDU, dafür jetzt ganz konkrete Vorschläge zu machen".

Einnahmen der Hauptverwaltung: Der Dividendenausfall bei der Bankgesellschaft verursacht ein Minus von 136 Millionen Mark in der Landeskasse, der Ausfall eines "Lease in / Lease out"-Geschäfts zur Vermietung der Messegebäude usw. sorgt für 150 Millionen Mark und die niedrigere Gewinnabführung der Wasserbetriebe für 104 Millionen Mark Mindereinnahmen. Die Bewag-Konzessionsabgabe fällt um 23 Millionen, die Wohnungsbaugesellschafts-Dividenden fallen um 17 Millionen Mark geringer aus. Die Polizei nimmt voraussichtlich 33 Millionen Mark weniger Bußgelder ein als erwartet.

Sachausgaben der Hauptverwaltung: Kitas, Privatschulen und SEZ kosten 45 Millionen Mark mehr als eingeplant. Für das Olympiastadion wurden 28 Millionen Mark und für das "Berliner Modell" (Polizeireform) 6 Millionen Mark mehr ausgegeben. Die Gerichte benötigten wegen gestiegener Fallzahlen 10 Millionen Mark mehr.

Bezirke: Durch die Umstellung der Pflegeversicherung vom Brutto- auf das Nettoprinzip gehen 50 Millionen Mark verloren. Die sächlichen Verwaltungsausgaben fallen um 100 Millionen Mark niedriger aus als vorgesehen. Im Gegenzug steigen die Zuweisungen und Zuschüsse beträchtlich. Das liegt fast ausschließlich daran, dass die Bezirke für Sozialhilfe rund 400 Millionen Mark zusätzlich benötigen. Finanzmittel für Bauinvestitionen werden, wie schon in den vergangenen Jahren, unterschritten. Voraussichtlich werden 116 Millionen Mark nicht mehr rechtzeitig abgeschöpft.

Im Saldo wird für die Hauptverwaltung eine Deckungslücke von 2,78 Milliarden Mark vorausgesehen, für die Bezirke in Höhe von 303 Millionen Mark. Sollten sich die Hoffnungen auf rasche Vermögensverkäufe nicht erfüllen, könnte das drei-Milliarden-Defizit noch größer werden.

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