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Berlin: Die ewige USPD

In Berlin gab es mehrere Anläufe für eine Unabhängige Sozialdemokratische Partei. Jetzt aber ist davon keine Rede

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wird links von der SPD eine neue Partei gegründet? In Berlin nicht. Der Kreisvorsitzende der SPD Friedrichshain-Kreuzberg, Mark Rackles, ist zwar ein strammer Parteilinker, hat mit solchen Plänen aber nichts am Hut. „Jenseits von SPD und PDS ist kein Platz für eine neue Partei“, meint er. Und dann gebe es ja noch Attac, die parteilosen Globalisierungskritiker. Was ist mit denen, die schon aus der SPD ausgetreten sind? „Die haben die Nase voll von Parteien“, sagt Rackles.

Ja, es gab in Berlin durchaus schon einmal den Versuch, aus der SPD heraus eine Linkspartei zu gründen. Das war aber schon 1999, als die Jungsozialisten in Pankow auf einer Mitgliedervollversammlung zur Neugründung der USPD – der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – aufriefen. „Oskar Lafontaine ist der Parteivorsitz anzubieten.“ Die Begründung der frustrierten Jusos kommt einem bekannt vor: „Von der Bundesregierung ist … keine linke, fortschrittliche Politik zu erwarten“, hieß es in der Resolution. Das rot-grüne Reformprojekt sei gründlich gescheitert. Trotzdem ist diese Gründungsinitiative schnell im Strom der Zeit versickert.

Zur Erinnerung: Diejenigen in der Bundes-SPD, die jetzt eine neue Links-Partei gründen wollen, haben möglicherweise die alte USPD vor Augen. Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands war im April 1917 von abtrünnigen SPD-Abgeordneten gegründet worden, die im Reichstag gegen die Bewilligung weiterer Kriegskredite gestimmt hatten. Der sozialistische Spartakusbund schloss sich der Neugründung an. Schon 1920 fusionierte die eine Hälfte der USPD mit der Kommunistischen Partei Deutschlands, und die andere Hälfte kam 1922 zur SPD zurück. Immerhin kam die USPD 1919 bei den Reichstagswahlen in Berlin auf 42,7 Prozent der Stimmen. Aber bald darauf war sie nur noch eine Splitterpartei.

Dennoch scheint ein gewisser Reiz davon auszugehen, die USPD immer wieder neu zu gründen. So fand zu diesem Zweck im Februar 1990 ein Kongress bei Potsdam statt. Initiator war der Neuglobsower Kreis, der für einen demokratischen Sozialismus, Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit warb. 1999 versuchten linke Sozialdemokraten in Frankfurt/Main und ein Jahr später in Göttingen, die USPD wiederzubeleben. Alle Bemühungen blieben erfolglos und werden es wohl auch diesmal bleiben. Jedenfalls in der Hauptstadt.

„Die Berliner Gewerkschaften sind da nicht involviert“, versichert DGB-Sprecher Dieter Pienkny. „Eine neue Partei ist kein Thema; weder in der Fraktion noch im Landesverband“, sagt der SPD-Fraktionschef Michael Müller. Und Parteisprecher Hannes Hönemann frotzelt: „Das bleibt wohl ein Betätigungsfeld für tendenziell unterbeschäftigte bayerische Gewerkschaftsfunktionäre.“

Wie dem auch sei. Die Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik des Genossen Gerhard Schröder ist auch bei den Berliner Sozialdemokraten groß, artikuliert sich aber in geordnetem Rahmen. Die „Berliner Linke“ versucht, im SPD-Landesverband ihren personellen und politischen Einfluss systematisch und zielstrebig auszubauen. Ein gutes Drittel der knapp 18000 Parteimitglieder gehört zur SPD-Linken. Und von den 14 Delegierten aus Berlin, die am 21. März am SPD-Sonderparteitag teilnehmen, zählen zehn zu den Agenda- Kritikern. Da braucht man keine neue Partei.

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