zum Hauptinhalt

DIE GESCHICHTE DES RINGS: Kreis, Krisen, Kalter Krieg

Im Kreis um den Stadtkern: Auf der Autobahn ist das bis heute nicht möglich, die S-Bahn dagegen packt es schon seit 1877. Die zunächst zweigleisige rund 37 Kilometer lange Ringbahn war gebaut worden, um die Berliner Kopfbahnhöfe miteinander zu verbinden, die vorher untereinander nur über Schienen zu erreichen waren, die – verkehrsbehindernd – auf den Straßen lagen.

Im Kreis um den Stadtkern: Auf der Autobahn ist das bis heute nicht möglich, die S-Bahn dagegen packt es schon seit 1877. Die zunächst zweigleisige rund 37 Kilometer lange Ringbahn war gebaut worden, um die Berliner Kopfbahnhöfe miteinander zu verbinden, die vorher untereinander nur über Schienen zu erreichen waren, die – verkehrsbehindernd – auf den Straßen lagen. Auch das Militär wollte die Ringbahn nutzen. Vorwiegend fuhren hier deshalb zunächst Güterzüge, doch bereits 1873 legte das Gesetz zur Vollendung der Ringbahn den Ausbau auf vier Gleise fest: je zwei für den Personen- und den Güterverkehr.

1881 war es dann aber erst einmal wieder vorbei mit dem Kreisverkehr auf Schienen. In Schöneberg zweigten nun Gleise zum Potsdamer Bahnhof ab, auf denen die Personenzüge den Ring verließen und erst danach die Kreisfahrt fortsetzten. So war von der Ringbahn aus das Stadtzentrum umsteigefrei zu erreichen. 1944 wurde der Potsdamer Bahnhof durch Bomben weitgehend zerstört, die Züge der S-Bahn fuhren danach wieder den vollständigen Ring. Auf den elektrischen Betrieb der S-Bahn war dieser bereits in der heute unglaublich kurz erscheinenden Zeit zwischen November 1928 und April 1929 umgestellt worden.

Mit dem Mauerbau 1961 gab es nur noch Halbringe im Osten und Westen. Während der Ostring bald die Hauptlast des Verkehrs in Ost-Berlin übernahm, verkümmerte der Westring. Hier hatten die Verkehrsplaner in den 60er Jahren parallel zu den Gleisen die Stadtautobahn hingesetzt, auf der es sogar – in Nachbarschaft zu den kaum noch genutzten S-Bahnhöfen – Haltestellen für Busse der BVG gab. Nach einem Streik der Reichsbahner im Westteil der Stadt nahm die DDR, die auch für die Strecken in West-Berlin zuständig war, den Betrieb auf dem Westring nicht mehr auf und ließ die Gleise verrotten und die Bahnhöfe verfallen. Erst nachdem die BVG 1984 die Regie der S-Bahn im Westteil übernahm, hatte der Halbring wieder eine Zukunft. Doch es dauerte bis zum 25. September 1989, bis die Arbeiten zur Wiederaufnahme des Betriebs begannen. Weil wenige Wochen später die Mauer erst löchrig wurde und dann verschwand, konnten 1993 Züge wieder auf dem Ring von Westend bis Neukölln und von dort weiter Richtung Baumschulenweg in den Ostteil der Stadt fahren.

Komplett war der Ring aber erst 2002 mit dem Schließen der Lücke zwischen Gesundbrunnen und Westhafen. Noch fuhren die Züge aber nicht im Kreis; nach dem „Schneckenkonzept“ fuhren sie von Außenstrecken auf den Ring, umrundeten ihn eineinhalb Mal und fuhren dann wieder zurück zu ihrem Ausgangsbahnhof. 2006 führte die S-Bahn wieder den reinen Ringverkehr mit den Linien S 41 (Uhrzeigersinn) und S 42 (gegen Uhrzeigersinn) ein. Hinzu kommen noch Linien, die nur teilweise den Ring nutzen.

Obwohl sich täglich mit zuletzt gut 300 000 Fahrgästen fast die Hälfte der Kunden auf dem Ring bewegt, glaubte die frühere S-Bahn-Geschäftsleitung im Jahr 2006, hier mit Sechs-Wagen-Zügen statt der möglichen acht Wagen auskommen zu können. Dabei blieb es bis heute, weil nach wie vor Fahrzeuge fehlen. Bestellt hat der Senat wieder Acht-Wagen-Züge. Den bei der U-Bahn üblichen Fünf-Minuten-Verkehr gibt es nur in Hauptverkehrszeiten; ansonsten kommen die Bahnen im Ringverkehr alle zehn Minuten. Aber wenigstens fahren sie wieder auf der Strecke ohne Ende.

Klaus Kurpjuweit

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false