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Berlin: Die Konto-Knacker-Banden räumen ab

Die Täter arbeiten mit Kamera und Kartenleser. Erwischt hat die Polizei die Betrüger noch nie

Als Katharina A. (Name geändert) am Geldautomaten Geld abheben wollte, erschien auf dem Bildschirm lediglich die Mitteilung, „Betrag heute nicht mehr verfügbar“. Verwundert zog die 30-Jährige ihre Scheckkarte aus dem Lesegerät und wendete sich dem Kontoauszugsdrucker zu. Über 4000 Euro waren von ihrem Konto abgehoben worden – und zwar im holländischen Eschede. Dort war die Frau aber nie gewesen.

Auch Jan P. wunderte sich, dass von seinem Konto mehrere 1000 Euro verschwanden – ebenfalls abgehoben an Geldautomaten in Eschede und Amsterdam. Beide, das stellte die Polizei später fest, waren Opfer von Scheckkartenbetrügern geworden. So wie Katharina A. und Jan P. wurden im vergangenen Jahr mehr als 200 Bankkunden betrogen. Der Schaden beläuft sich auf rund 200 000 Euro. Katharina A. und Jan P. erhielten von ihrer Postbank den Schaden ersetzt. Wie die Täter die Daten auf dem Magnetstreifen ihrer EC-Karte und die Geheimnummer ausspioniert hatten, konnte die Polizei Katharina A. und Jan P. erklären. Für die Ermittler vom Landeskriminalamt (LKA) ist es schon lange kein Geheimnis mehr, dass vor allem Täter aus Osteuropa die Geldautomaten manipulieren. Zehn Geldautomaten verschiedener Institute waren es im vergangenen Jahr, an denen die Betrüger jeweils für ein bis zwei Stunden eine Miniaturkamera und einen Kartenleser montierten. Ahnungslos schoben die Kunden ihre EC-Karten in den Automaten und merkten nicht, dass sich davor ein Lesegerät befand, das die Daten vom Magnetstreifen registrierte. Als sie dann ihre PIN eintippen, wurde jede Bewegung auf der Tastatur von der Kamera aufgenommen. In einem unbeobachteten Moment entfernten die Täter später Kamera und Lesegerät vom Automaten. Mit den gesammelten Daten fertigten sie ihre eigenen EC-Karten. Die Rohlinge können für wenige Cent in Elektronikgeschäften gekauft werden. Auch Kamera und Lesegeräte sind im Handel erhältlich. Aber nicht jeder, der über einen Computer verfügt, kann auch Scheckkarten fälschen: „Dazu braucht es schon gute Elektronik- und Computerkenntnisse“, sagte Klemens Müller vom LKA.

Die in Deutschland verwendeten EC-Karten verfügen aber über zusätzliche Sicherheitsmerkmale, die auf den nachgemachten Karten nicht vorhanden sind. Daher werden diese von deutschen Geldautomaten nicht akzeptiert. Die Sicherheitsvorkehrungen sind aber offenbar bei vielen niederländischen Banken weniger streng. Dort werden die gefälschten EC-Karten akzeptiert. Für die Täter hat es den Vorteil, dass meist erst Wochen später bekannt wird, dass sie wieder ein Konto geplündert haben. Bis dahin sind sie verschwunden. Gefasst werden konnte bisher noch keiner.

Es sei einfach, sich vor Datenklau zu schützen, sagte Klemens Müller. Er rät, beim Eintippen der Geheimzahl einfach die Hand über die Tastatur halten und damit die Kamera auszutricksen. Dann können die Täter auch mit den Daten von der Karte nichts anfangen. Außerdem sollte man Banken meiden, deren Tür zum Vorraum mit den Automaten mit der EC-Karte geöffnet werden muss. Das Kartenlesegerät lasse sich leicht manipulieren, so dass die Daten auf dem Magnetstreifen ausgelesen werden können, warnte Müller. Bei den meisten Banken blieben die Türen zu den Automatenräumen daher jetzt unverschlossen.

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