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Berlin: Die Krone der Korken

Was wäre eine Bierfestival ohne Tauschbörse? An der Karl-Marx-Allee handelten Sammler mit Gläsern, Etiketten und vielen anderen Utensilien. Und die Besucher lernten Leute kennen, die 18 000 Bierdosen und 75 000 Deckel besitzen.

„Actien-Brauerei Friedrichshain, um 1920. Oder hier: Adler-Brauerei, Gesundbrunnen, die hat schon 1891 zugemacht. Das hier ist auch gut: Schultheiss, 1901!“ Der 41-jährige Thomas Fricke konnte bei der Tauschbörse des gestern beendeten Bierfestivals an der Karl-Marx-Allee wieder seine Schätze präsentieren: Uralte Bier-Etiketten, meist von Brauereien, die längst vergessen sind. Vorsichtshalber als bunte Fotokopie, die Originale waren zu kostbar, um hier ausgestellt zu werden. Fricke gehört zu den Sammler-Originalen. Wie Werner Beyer und Ekkehard Winkler vom Zwickauer Brauerei-Souvernirclub Mauritius, die Kronkorken anboten, die bis zu 40 Euro pro Stück kosteten. Weil sie extra für die Fußball-WM 1994 in den USA hergestellt wurden, sind Sammler ganz scharf darauf.

Hans-Jürgen Steffin gilt auch als einer der Großen in der Branche. Er ist Herr über 18 000 unterschiedliche Bierdosen, die er allerdings im Leerzustand zu Hause lagert und auch nicht selbst ausgetrunken hat. Es sind Stücke, die sich Sammler aus aller Welt gegenseitig zuschicken, leer, weil dies Porto spart. Dass Steffin auch noch über 75 000 Bierdeckel verfügt und ein Sammelsurium von Fachkatalogen, ist fast eine Selbstverständlichkeit. „Bierdeckel und Etiketten sind die Klassiker“, erklärten Ralph Wendlandt und Christian Kosinsky („Ich bin Experte in Franken-Bier.“) den wenigen Laien, die an ihrem Stand um Orientierungshilfe baten. Die beiden Bierfans hatten unter anderem alte DDR-Etiketten im Angebot, etwa den Zwönitzer Zickenbock. Aber auch so was Modernes wie Snow Koks, eine Mischung aus Starkbier und Limonade, die man natürlich gleich aus der Flasche trinkt. Gläser aller denkbaren Brauereien stapelten sich auf den Tischen, auch kleine Gläser, die besonders beim weiblichen Publikum gut ankamen. Und bei Kindern sind es die kleinen Trucks mit allen möglichen Brauereibeschriftungen.

Inmitten von Köstritzer, Erdinger und Paulaner erblicken aufmerksame Besucher auch einen Lastwagen mit der Aufschrift „Prenzlauer Pils“ oder einen Laster mit dem weniger passenden Schriftzug „Beate Uhse“. Ansonsten boten die Händler, pardon: Sammler, alles an, was mit Biern bedruckt werden kann. Schilder, Telefonkarten, Pins, Caps und auch Uhren. So manches Bier wurde gekippt, beispielsweise Schierlinger Roggen, weil zur Sammeltherorie auch die Genusspraxis gehört. Riesige Bierbäuche aber waren hinter den Ständen kaum zu sehen. Getrunken wurde mit Maß, weil die Leidenschaft einen klaren Blick verlangt.

Einigen schien allerdings das zerklüftete Gemäuer des ehemaligen Café Warschau so trist und ruinös, dass sie schnell einen guten Grund fanden, sich die Umgebung schön zu trinken..C. v. L.

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