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Berlin: Die Reformation als Weltkulturerbe

Landeskirche feierte in St. Matthäus

Sind Kirche und Kultur, Protestantismus und Kunst ein Thema für den Reformationstag? Vielleicht war es ja auch der Ort, an dem die berlinbrandenburgische Landeskirche den Tag beging, der das nahe legte: die klassizistische Matthäuskirche für den Gottesdienst, die daneben gelegene Gemäldegalerie für ihren Jahresempfang. Aber auch Landesbischof Wolfgang Huber hatte seine Predigt ganz darauf abgestellt, die Augen für die kulturelle Ausstrahlung der Reformation zu öffnen. Als glänzender Exeget schlug er die Brücke vom Predigttext – dem Lobpreis von Glaube, Hoffnung, Liebe im Korinther-Brief – zur Erwägung, ob die Reformation nicht eigentlich zum Weltkulturerbe gehören müsse. Das ergab eine anspruchvolle, gleichsam geschichtspolitische Konturierung des protestantischen Feiertages, aber vielleicht ist sie gerade heute an der Zeit. Man denke an den mit großem Wirbel gestarteten Lutherfilm, aber auch an den aktuellen Halloween-Trubel. Huber erwähnte beides: mit Zustimmung für den Lutherfilm, mit Distanz gegenüber dem Import, der dem Reformationstag seinen Platz streitig macht.

Zum Thema dieses Reformationsgottesdienstes passte es, dass der schöne Stüler-Bau auch Sitz der Kulturstiftung St. Matthäus ist, deren Direktor, Pfarrer Christhard-Georg Neubert, die Gäste des Gottesdienstes begrüßte. Und dass sozusagen der Nachbar, Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vor dem Empfang knapp und klug über „Kunst und Kirche“ referierte. Wobei er seinerseits die Folgen der Reformation für die bildende Kunst herausstrich: wie aus der Revolution, die dem Bilder-Kultus der alten Kirche den Kampf ansagte, eine Geburtshelferin der neuen, auf Freiheit und Autonomie gestimmten Kunst wurde.

Zur landeskirchlichen Feier des Reformationstags gehören die Grußworte der Vertreter des Staates. Letzter Rest des Bündnisses von Thron und Altar? Für Berlin sprach Abgeordnetenhaus-Präsident Walter Momper, für Brandenburg Kulturministerin Wanka. Im vergangenen Jahr hatte der Bischof die Abwesenheit von Berlins politischer Klasse entschuldigt, weil der Reformationstag auf den Donnerstag, den tradionellen Sitzungstag des Abgeordnetenhauses, gefallen war, und versprochen, dafür zu sorgen, dass das Fest diesmal an einem anderen Tag stattfinden werde. Der Bischof hielt Wort, doch Berlins Politiker glänzten weitgehend durch Abwesenheit. Aus dem Senat Kulturstaatssekretärin Barbara Kisseler, aus dem Abgeordnetenhaus der Grüne Wolfgang Wiegand: lieb (säkulares) Vaterland, magst ruhig sein. Rdh.

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