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Berlin: Die Schutzhülle wird dünner

Nach den Anschlägen in den Vereinigten Staaten will das Land Berlin den Zivil- und Katastrophenschutz ausbauen. Geplant ist unter anderem die Modernisierung von Schutzräumen.

Nach den Anschlägen in den Vereinigten Staaten will das Land Berlin den Zivil- und Katastrophenschutz ausbauen. Geplant ist unter anderem die Modernisierung von Schutzräumen. Woher die finanziellen Mittel dafür herkommen sollen, ist jedoch noch offen. Nach Aussage des Bundesinnenministeriums stellte der Bund in diesem Jahr 188 000 Mark für die Unterhaltung der Berliner Bunker zur Verfügung. Ob sich die Summe in den kommenden Jahren erhöhen wird, kann derzeit niemand sagen, erklärte Pressesprecher Dirk Inger auf Nachfrage. Wie viel Geld insgesamt nötig wäre, um alle Zivilschutzbunker mit moderner Technik auszustatten, weiß auch Bunkerexperte Hans-Joachim Beuke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht zu sagen.

In Berlin gibt es rund 100 Bunker-Anlagen. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zählte Berlin noch 360 öffentliche Bunker. Doch heute dienen nur noch 23 als öffentliche Schutzräume. Derzeit finden rund 30 000 Berliner einen Platz im Bunker. Allein drei Bunker befinden sich beispielsweise in Neukölln, zwei in Zehlendorf und zwei in Lichtenberg. Der größte Hochbunker der Stadt - mit immerhin 4809 Schutzplätzen - steht an der Schöneberger Pallasstraße. Erst im August wurde der bis an den Rand mit Sanitätsmaterial aller Art gefüllte Bunker geräumt - das zwischengelagerte Material wurde in den letzten Jahren nach und nach in bedürftige Länder geschickt.

In den vergangenen Jahren wurden die Anlagen im Westteil der Stadt zwar modernisiert; sie sind jetzt mit neuen Lüftungsgeräten sowie Wasser- und Abwasseranschlüssen ausgestattet. "Für die sieben für Zivilschutzzwecke nutzbaren Bunker im Ostteil der Stadt fehlte aber das Geld", sagt Beuke. Diese Projekte seien immer wieder dem Rotstift zum Opfer gefallen: Nach der Wende schien die Welt sicherer geworden zu sein. Der Gesetzgeber stellt im Jahr 1992 die finanzielle Förderung öffentlicher Schutzräume ein.

Die zwei Anlagen in Pankow, drei in Lichtenberg, eine in Friedrichshain und Köpenick bieten derzeit lediglich Schutz vor Trümmern, nicht aber vor "chemischen Angriffen". Erhebliche Kosten verursacht auch der notwendige Abriss von einigen betonierten Zeitzeugen. "Je nach Bunkeraufbau und Größe kommen mitunter Beträge um die 300 000 Mark zusammen", sagt Karsta Batsch von der Oberfinanzdirektion. Die Mitarbeiterin betont aber, dass nur solche Anlagen abgerissen werden, die eine Gefahrenquelle darstellen. "Es handelt sich dabei ausschließlich um Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, die irgendwann schon einmal gesprengt wurden, also über Jahrzehnte nicht mehr nutzbar waren." So haben vor wenigen Tagen Spezialisten damit begonnen, einen Bunker in einer Gartenanlage an der Blankenburger Straße abzutragen.

Wie viele solcher Bunker-Ruinen es noch in der Stadt gibt, kann niemand genau beziffern. Eine Übersicht gibt es nicht.

Die OFD, die seit 1992 für einen Großteil der Bunker zuständig ist, die damals offiziell aus der "Zivilschutzbindung" entlassen wurden, erfährt "auf Zuruf" von diesen Relikten. Dann werde geprüft und wenn nötig der Abrissbagger bestellt. So hat man in den vergangenen zwei Jahren unter anderem zerstörte Anlagen im Pankepark und an der Prenzlauer Promenade beseitigt. Voraussichtlich 2002 soll ein alter Betonklotz in der Kleingartenanlage "Gesundheitsquell" verschwinden. "Wir warten noch auf die Gelder", sagt die OFD- Mitarbeiterin. Aber nicht nur das. Wie berichtet, versucht die Oberfinanzdirektion seit mehreren Jahren, intakte Bunker, die allerdings nicht mehr als Schutzräume dienen, zu vermarkten. Nach Auskunft von Pressesprecher Helmut John wurde unter anderem der Bunker an der Reinhardtstraße verkauft.

Einige Bunker in der Stadt, die sich in der Regie der Bezirke befinden, sind vermietet. Dazu gehört eine Anlage in Tempelhof, die Sportschützen nutzen und der "Musikbunker" an der Hermannstraße in Neukölln. Einige dienen als Akten- oder Reifenlager. Der wohl bekannteste Berliner Bunker befindet sich am Anhalter Bahnhof und beherbergt ein Gruselkabinett. Auch der Gesundbrunnen-Bunker kann besichtigt werden. Der Verein "Berliner Unterwelten" hat die Räume in 8000 Arbeitsstunden saniert und weitgehend originalgetreu eingerichtet. An den Wochenenden werden Führungen angeboten. Der Verein, in dem unter anderem Historiker, Architekten und Handwerker mitwirken, macht sich für die Unterschutz-Stellung der historischen Luftschutzbunker stark. "Uns geht es um den Erhalt dieser authentischen Orte", betont Dietmar Arnold vom Vorstand.

Acht Anlagen sind bereits denkmalgeschützt: Dazu gehören der Bau an der Zwieseler Straße in Karlshorst, der Bunker in der Tempelhofer Friedrich-Karl-Straße und der Gesundbrunnenbunker. Der Verein hofft, dass der besondere Luftschutzturm an der Revaler Straße ebenfalls in die Liste aufgenommen wird.

Steffi Bey

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