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Berlin: Die SPD hat Angst vor einer "gnadenlosen" CDU-Kampagne und warnt die Genossen in Brandenburg vor einer rot-roten Koalition

Der Ausgang der Landtagswahlen in Brandenburg und im Saarland gibt der CDU im Berliner Wahlkampf Auftrieb und bringt die SPD in neue Schwierigkeiten. Der Regierende Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzende Eberhard Diepgen sprach von einer "guten Steilvorlage" für die Abgeordnetenhaus-Wahl und warnte die SPD Brandenburg vor einer Koalition mit der PDS.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Ausgang der Landtagswahlen in Brandenburg und im Saarland gibt der CDU im Berliner Wahlkampf Auftrieb und bringt die SPD in neue Schwierigkeiten. Der Regierende Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzende Eberhard Diepgen sprach von einer "guten Steilvorlage" für die Abgeordnetenhaus-Wahl und warnte die SPD Brandenburg vor einer Koalition mit der PDS. CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky appellierte an die eigene Partei, sich jetzt nicht "einlullen" zu lassen. SPD-Spitzenkandidat Walter Momper wollte Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe keine öffentlichen Ratschläge geben, sagte aber: "Meine Interessenlage können Sie sich vorstellen."

SPD-Fraktionschef Klaus Böger hatte Stolpe bereits am Sonntagabend öffentlich von einer Koalition mit der PDS abgeraten. Im SPD-Landesverband herrscht die Sorge, dass die Koalitionsfrage in Brandenburg wochenlang offen bleibt und die CDU versucht, mit einer "für uns nicht ungefährlichen, gnadenlosen Kampagne daraus Kapital zu schlagen", wie es in SPD-Führungskreisen hieß. Momper schloss erneut für Berlin jedes Zusammengehen mit der PDS aus. "Entweder wir schaffen Rot-Grün pur oder es gibt keinen rot-grünen Senat."

Mutmaßungen, die SPD werde auf parteilose Abgeordnete der PDS-Fraktion setzen, wies Momper zurück: "Die PDS ist die PDS, ob einer der PDS angehört oder nicht, ist mir Wurscht." Der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Klaus Uwe Benneter meinte, wer "so verquere Überlegungen anstellt, muss ja krank sein". Indessen bahnt sich in der SPD eine ähnliche Debatte wie nach ihrem Wahldebakel im Oktober 1995 an. Der SPD-Abgeordnete Hans-Georg Lorenz schlug vor, im Fall der Wahlniederlage die Große Koalition nicht fortzusetzen, sondern einen CDU-Minderheitssenat zu tolerieren. Momper sagte dazu: "Wir wollen gewählt werden, um zu regieren." Benneter beklagte, dass die Große Koalition in Berlin nicht funktioniere. Die SPD sei immer treibende Kraft gewesen, die CDU habe gebremst und populistische Sprüche gemacht. "Ich habe schon 1995 gesagt, mit dieser CDU schmieren wir weiter ab."

In einer gemeinsamen Presseerklärung bekräftigte die Führungsquadriga der SPD - Momper, Parteichef Peter Strieder, Fraktionschef Klaus Böger und Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing: "Das Zukunftsprogramm der Bundesregierung ist ohne Alternative". Außerdem rief die SPD-Spitze zu einer hohen Wahlbeteiligung am 10. Oktober auf: "Wer zu Hause bleibt, hilft den rechten Rattenfängern." Auf Grund der geringen Wahlbeteiligung sei der rechtsextremen DVU der Sprung in den Brandenburger Landtag gelungen. Der DGB-Chef von Berlin und Brandenburg, Dieter Scholz, kritisierte dagegen den "unsozialen Kurs von Rot-Grün" im Bund, der viele Wähler verunsichert habe. Die SPD müsse jetzt realisieren, dass soziale Gerechtigkeit für die Menschen einen hohen Stellenwert besitzt.

CDU-Landeschef Diepgen sagte vor dem Bundespräsidium seiner Partei, eine rot-rote Koalition in Brandenburg wäre eine Belastung für das Verhältnis zwischen beiden Ländern, würde die Zusammenarbeit in allen Bereichen erschweren und bliebe nicht ohne Rückwirkungen auf den Wirtschaftstandort Berlin-Brandenburg. Der rot-grünen Regierungspolitik im Bund hätten die Wähler eine Absage erteilt, so Diepgen. Er sei gespannt, ob sich die Berliner SPD zu einer Kurskorrektur genötigt sehe.

Nicht nur Diepgen und Landowsky sind guter Dinge. Bei einem flächendeckenden Straßen-Wahlkampfeinsatz am vergangenen Wochenende schlug den Christdemokraten überall Sympathie entgegen. "Ganz anders als 1989, als wir die Wahl gegen Walter Momper verloren, oder vor der Bundestagswahl 1998", berichtete der Neuköllner Kreisvorsitzende Reinhard Führer. "Die Leute trauen Momper ohne Weiteres zu, mit der PDS zu kooperieren. Das höre ich sehr häufig." Die Stimmung für die CDU, bestätigte der CDU-Kreischef und Bezirksbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller. Gerade in den Ost-Bezirken seien die Bürger enttäuscht von der rot-grünen Bundesregierung. Viele SPD-Anhänger hätten bekundet, nicht zur Wahl gehen zu wollen. Der Frust richte sich gegen die Berliner Sozialdemokraten, "die offenbar eisern zum Schröder-Kurs stehen".

Auch in Reinickendorf, einer Hochburg der Union, werde die Stimmung freundlicher, erfuhr der Kreis- und stellvertretende Landesvorsitzende Diethard Schütze bei örtlichen Wahlkampfeinsätzen. In Schöneberg traf der CDU-Bezirkschef Gerhard Lawrentz vorwiegend auf "sehr wohlwollende Bürger". Die Unzufriedenheit richte sich gegen die Bundesregierung und gegen den SPD-Kandidaten Walter Momper. Die Gaubwürdigkeit der SPD sei tief erschüttert. Ebenso wie Landowsky warnen die Bezirksfunktionäre aber eindringlich davor, die Wahl für die CDU schon als gewonnen anzusehen. "Viele wissen noch gar nicht, dass am 10. Oktober Wahlen in Berlin sind", so Zeller.

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