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Berlin: Die Zauberpause

VON TAG ZU TAG Andreas Conrad über den weihnachtlichen Terror der Töne „Musik wird oft nicht schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ Nicht erst Wilhelm Busch hatte die Erkenntnis.

VON TAG ZU TAG

Andreas Conrad über

den weihnachtlichen Terror der Töne

„Musik wird oft nicht schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ Nicht erst Wilhelm Busch hatte die Erkenntnis. Schon im alten Gallien, in einem berühmten kleinen Dorf, litt man höllisch unter unerwünschten Melodien, zu denen Troubadix immer anstimmte, wenn die Dörfler ihre Heldentaten mit einem zünftigen Wildschweinessen ausklingen ließen. Ihre rabiate Reaktion lässt darauf schließen, dass sie den Bardengesang geradezu als Folter empfanden, zumindest als seelische Grausamkeit, der sie sich aber mittels ihrer zauberhaften Kräfte zu erwehren wussten. Leider ist der Beruf des Druiden weitgehend vergessen, Zaubertränke und ähnliche Wundermittel gegen Musikterror stehen nicht mehr zur Verfügung. So gesehen, kann der hiesige Verdi-Geschäftsführer Roland Tremper nur den Rang eines Hilfsdruiden in Anspruch nehmen, wenn er für Verkäufer im Adventsgeschäft pro Tag 15 Minuten Zusatzpause fordert. Schließlich komme unentwegte Berieselung mit Weihnachtsliedern „seelischer Grausamkeit“ gleich, von der sich das Personal erholen müsse. Denken wir das zu Ende, werden also von der Pause ähnliche Wunder erhofft wie seinerzeit von Miraculix’ Mistelzweig-Sud. Und dem Weihnachtslied schreibt man die gleiche Wirkung zu wie fiesestem Mobbing. Heute wird diese Argumentation vielleicht als normal hingenommen. Obelix hätte ungnädiger reagiert: „Die spinnen, die…“

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