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Südwestfriedhof in Stahnsdorf: Diebe stehlen Schädel von "Nosferatu"-Regisseur Murnau

Der Leichnam des weltbekannten Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau ist geschändet worden: Unbekannte entwendeten aus der Gruft in Stahnsdorf seinen Kopf. Die Polizei ermittelt wegen Störung der Totenruhe.

Schock für Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt: Unbekannte Täter haben aus der Gruft des auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof bestatteten Film-Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931) dessen Kopf gestohlen. Seit 83 Jahren liegt der einbalsamierte Leichnam auf dem Friedhof im Mausoleum Nummer 22 unweit des Haupteinganges begraben. Vermutlich am Wochenende waren die Täter auf das 200 Hektar große Areal gelangt und hatten die Tür zum Mausoleum aufgebrochen.

Anschließend öffneten sie den 1932 aus den USA überführten Metallsarg und entwendeten den Kopf. „Ein Skandal“, sagt Ihlefeldt. Während sich der materielle Schaden in Grenzen halte, sei der menschliche gigantisch. Mit der Schändung von Grab und Leichnam werde dem Toten die Würde genommen, klagt er.

Ihlefeldt hatte den Diebstahl am Montagmorgen auf seiner Runde entdeckt. Die andere Ordnung an der Grabstätte sei ihm aufgefallen, sagt er. Seien äußerlich zunächst keine großen Eingriffe sichtbar gewesen, so stockte ihm, nachdem er den Deckel des Sarges zur Seite geschoben hatte, der Atem.

Der Leichnam war noch gut erhalten

Murnau, einer der bedeutendsten Regisseure der Stummfilmära, war 1931 bei einem Verkehrsunfall in den USA ums Leben gekommen und vor seiner Überführung ein Jahr später mehrfach einbalsamiert und konserviert worden. Der Leichnam bot zwar keinen schönen Anblick mehr, war aber noch gut erhalten, so Ihlefeldt. In den 1970er-Jahren war das Grab Murnaus schon einmal beschädigt worden, deshalb kontrollierte der Friedhofsverwalter den Zustand und das Vorhandensein der Leiche in gewissen Abständen. Insbesondere der Kopf auf dem hautüberzogenen Skelett sei mit Haaren und Zähnen noch gut erkennbar gewesen. Es war offenbar nicht schwer, ihn vom Skelett zu lösen, sagt der Friedhofsverwalter.

Nosferatu, eine Symphonie des Grauens, Deutschland 1921, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, Darsteller: Max Schreck.
Nosferatu, eine Symphonie des Grauens, Deutschland 1921, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, Darsteller: Max Schreck.

© imago/United Archives

Ihlefeldt verständigte am Montagmorgen die Polizei, die nun zum Verdacht der Störung der Totenruhe und des Diebstahls ermittelt. Wie ein Polizeisprecher gegenüber den PNN erklärte, gibt es noch keine Spur – weder eindeutige Hinweise auf die Täter noch auf den Hintergrund der Tat. Die Beamten bitten Zeugen, die Beobachtungen auf dem Friedhof oder dem Umfeld gemacht haben, sich bei der Polizeiinspektion Potsdam zu melden. Fest stehe, dass der oder die Grabschänder mit Kerzen hantierten, sagt Ihlefeldt. In der Gruft stießen die Ermittler auf Wachsreste. „Ich habe keine Ahnung, was das für Leute waren“, sagt Ihlefeldt. Ob Souvenirjäger oder ein Ritual, derzeit sei das alles reine Spekulation.

Die Mausoleen sind keine Hochsicherheitstrakte

Der letzte Übergriff auf eine prominente Gruft liegt drei Jahre zurück. Damals war der Sarkophag des österreichischen Schauspielers Gustav Kadelburg geschändet worden. „Ein dummer Jungenstreich“, resümiert Ihlefeldt. Die Täter hätten damals Sarg und Zinkhülle zerschlagen, seien dann aber vor dem Leichnam getürmt. In letzter Zeit war der Südwestkirchhof vor allem von Kupferdieben heimgesucht worden. Nachdem der Kirchhof allein im vergangenen Jahr mehr als ein Dutzend Diebstähle an Mausoleen und Gebäuden zu verzeichnen hatte, sicherte die Kirche die Haupteinfahrt durch Poller und den Friedhof mit Überwachungskameras.

Die seien jedoch nur nachts eingeschaltet, sagt Ihlefeldt. Ihre Auswertung hätte keine Anhaltspunkte auf die aktuelle Tat ergeben. Der Friedhofsverwalter überlegt nun, wie er die Überreste des bekannten Filmregisseurs sichert, ob er die Grabkammer mit einer Mauer versiegelt oder die Leiche im Erdreich bestattet. Möglicherweise sei dies auch die Konsequenz der Tat für alle anderen Gruften. Die Mausoleen seien keine Hochsicherheitstrakte, es koste nicht viel Mühe, sie zu öffnen, sagt Ihlefeldt.

Horror-Klassiker Nosferatu

Jährlich kommen zahlreiche Besucher aus aller Welt nach Stahnsdorf, um die Gruft Murnaus zu besichtigen. Der Regisseur, der mit seinen Brüdern Robert und Bernard Plumpe in einer Grabkammer beerdigt ist, wurde Anfang der 1920er-Jahre durch seine damals neuartige Kameratechnik berühmt. Zu seinen populärsten Werken zählt der Horror-Klassiker aus dem Jahr 1922 „Nosferatu – eine Symphonie des Grauens“, eine Dracula-Verfilmung, deren eindrückliche Motive die Bildsprache das Genres über Jahrzehnte beeinflussten. Später folgten bekannte Werke mit Schauspieler Emil Jannings wie „Der letzte Mann“, „Tartüff“ oder „Faust“.

Hinweise zur Grabschändung an die Polizeiinspektion Potsdam, Tel.: (0331) 5508 1224

Dieser Artikel erschien zuerst in der PNN.

Solveig Schuster, Christine Fratzke

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