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Berlin: „Dieser Krieg ist ein Bruch des Rechts“

Der evangelische Bischof Huber hat am Donnerstagabend im Berliner Dom den Angriff auf den Irak scharf verurteilt. Hier seine Predigt in gekürzter Fassung

Politisch und persönlich hat Bischof Huber am Donnerstagabend beim Ökumenischen Friedensgottesdienst im Berliner Dom gesprochen. Vor rund 600 Gläubigen, die sich wegen der Straßensperrungen zum Teil sehr verspäteten, verurteilte er den Angriff auf den Irak. Der katholische Kardinal Sterzinsky hielt keine Ansprache, er hatte bereits am Vormittag gepredigt. Hier Hubers Rede in gekürzter Fassung.

„…dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen." Wie aus einer ganz fernen, fremden Welt kommt dieses Psalmwort zu uns, das wir vorhin gebetet haben. Kann es uns an diesem Abend erreichen? Kann es zu uns sprechen?

Ja, es spricht zu uns. Auch der Schrecken, der heute seinen Anfang genommen hat, löscht die Verheißung nicht aus, dass Gott Gerechtigkeit und Frieden für die Menschen will, nicht Rechtlosigkeit und Gewalt. Deshalb sind unsere Gedanken an diesem Abend vor allem bei den ersten Opfern des Krieges und ihren Angehörigen.

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein" haben unsere Kirchen gesagt. Diese Einsicht gilt auch für das, was heute begonnen hat. Auf Gottes Willen kann sich dafür niemand berufen. Fehlbares menschliches Handeln ist am Werk. Dieser Krieg muss so schnell wie möglich an ein Ende kommen. Politisches Handeln und politische Verantwortung müssen wieder an seine Stelle treten.

Mit dem Beginn des Angriff auf den Irak sind die Bemühungen um eine politische Lösung des Irakkonfliktes abgebrochen worden. Ohne ein Mandat der Vereinten Nationen wird unter Führung der amerikanischen Regierung militärische Gewalt eingesetzt. Aber die Ziele liegen nicht im menschenleeren Bereich. Sie liegen in bewohnten Städten. Nicht in die Wüste wird dieser Krieg getragen, sondern in die Wohngebiete von Kindern und Alten, von Frauen und Männern. Tausende Opfer in der Zivilbevölkerung werden zu beklagen sein. Flüchtlingsströme, Hunger, Elend und Not werden folgen.

Müssen erst Tod und Zerstörung um sich greifen, damit für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau Raum geschaffen wird? Mir will ein solches Vorgehen nicht in den Kopf. Dabei verkenne ich die Gefährlichkeit von Saddam Hussein nicht. Die Befürchtung, er verfüge über Massenvernichtungswaffen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat am 24. Januar ausdrücklich erklärt: „Wer von der Androhung zur Ausübung militärischer Gewalt übergehen will, schuldet dem Weltsicherheitsrat und der Weltöffentlichkeit den Nachweis, dass sämtliche Versuche, die Resolution der Vereinten Nationen durchzusetzen, endgültig versagt haben." Sind diese Bedingungen in der Zwischenzeit erfüllt worden? Meine persönliche Antwort heißt eindeutig: Nein. Die Berichte der Waffeninspekteure wurden in den Wind geschlagen; Fortschritte bei der Entwaffnung des Irak wurden für gleichgültig erklärt. Dieser Krieg ist ein Bruch des Rechts. Um einen Diktator zu stürzen, hat sich die Völkergemeinschaft vom Völkerrecht entfernt. Aber auf Rechtsbruch mit Rechtsbruch zu antworten, ist kein Weg zum Frieden.

Deshalb beteiligen wir uns nicht daran, wenn von beiden Seiten der Gottesname in Anspruch genommen wird. Saddam Hussein hat von einem „Heiligen Krieg" gesprochen. Ich halte seinen Umgang mit der Religion für genauso zynisch wie sein Handeln überhaupt. Aber auch wenn Präsident Bush im Blick auf diesen Kriegsgang darum bittet, Gott segne Amerika – God bless America – klingt darin ein Ton mit, als sei Amerika auserwählt, am Segen Gottes stärker Anteil zu haben als irgendein anderes Land. Gottes Segen aber ist nicht parteilich; er gilt allen Menschen gleich. Er lässt sich nicht für die eigene Sache in Anspruch nehmen; er lässt sich nur mit anderen teilen.

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