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Berlin: Direktor des Deutschen Technikmuseums verabschiedet sich morgen in den Ruhestand

In ein Schema passt er nicht. Welcher Direktor eines Technikmuseums ist schon als Theologe ausgebildet, und welcher Direktor hat mit seiner Arbeit begonnen, als es sein Museum noch gar nicht gab?

In ein Schema passt er nicht. Welcher Direktor eines Technikmuseums ist schon als Theologe ausgebildet, und welcher Direktor hat mit seiner Arbeit begonnen, als es sein Museum noch gar nicht gab? Und wer hat es sonst noch geschafft, dem Senat bei leeren Kassen Millionen für einen Neubau herauszukitzeln? Günther Gottmann hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich, wenn er sich morgen offiziell als Direktor des Deutschen Technikmuseums verabschiedet und in den Ruhestand tritt.

Bei der Eröffnung des Neubaus am Landwehrkanal im nächsten Jahr ist Gottmann nur noch als Gast dabei. Trotzdem wird es ihn dann immer noch wurmen, dass sein letzter Coup nicht ganz geklappt hat. In der Luft- und Wasserabteilung des Museums wollte er unbedingt die letzte erhaltene "Condor" aufstellen. Seine Mitarbeiter hatten die Maschine bereits fast an Land gezogen. Sie war in einem norwegischen Fjord entdeckt worden, wo sie am Ende des Krieges abgestürzt war. Bei der Vorbereitung der Bergung legte sich Gottmann sogar mit dem Verteidigungsministerium an. Als er die Verantwortlichen in Bonn bat, dem Museum beim Transport der Maschine zu helfen, teilten ihm diese nämlich völlig überraschend mit, dass der Bund die "Condor" selbst haben wolle. So schnell gibt ein Gottmann aber nicht auf. Hartnäckig zu sein, hat er gelernt. Schließlich musste er einst auch fast zehn Jahre auf die Grundsteinlegung des Neubaus warten.

Für die "Condor" rückte Gottmann dem Ministerium selbst auf die Pelle, schaltete auch den Regierenden Bürgermeister ein, und als alles nichts zu nutzen schien, war er entschlossen, das Flugzeug einfach auf eigene Kappe zu heben und nicht herauszurücken. Seinen Kopf pflegt er durchzusetzen. Und seinem gezielt eingesetzten Charme können die wenigsten widerstehen. So bekam der Direktor zu Beginn der 80er Jahre auch doch noch "sein" Museum für Verkehr und Technik. Kein Schaustück sollte es werden, sondern ein Museum zum Anfassen und Verstehen. Anders als die anderen eben. Das Konzept ist aufgegangen; über 300 000 Besucher kommen inzwischen jährlich.

Dabei war Gottmann nur zufällig ein erfolgreicher Museumsmensch geworden. Als Arbeitsloser meldete er sich auf eine Stellenanzeige, und so landete er im Deutschen Museum in München, obwohl er mit Technik nichts am Hut hatte. Sechs Jahre hatte er nach dem Studium der Theologie, Philosophie, Pädagogik und Geschichte als Seelsorger gearbeitet, anschließend als Lehrer. Nachdem er seinen Glauben verloren hatte, ging er als Entwicklungshelfer nach Brasilien und begann dort eine Alphabetisierungskampagne. Er drehte einen Dokumentarfilm, doch das "Tagebuch der Armut" gefiel dem Militärregime nicht so recht. Gottmann musste das Land verlassen. Nach dem auf Zufall beruhenden Intermezzo in München verschlug es ihn dann - ganz gezielt - nach Berlin.

Armut lernte er dann auch an der Spree kennen. Zumindest diejenige des Landes. Würde er auch darüber einen Dokumentarfilm drehen, gäbe es für ihn - und das Museum - immerhin ein Happy End. Und wenn die "Condor" bei der Bergung nicht abgestürzt wäre, so dass nur noch Reste übrig geblieben sind, hätte er am Ende auch gewiss dem Verteidigungsministerium erfolgreich getrotzt.

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