zum Hauptinhalt

Durchsuchung: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen landeseigene Firma

Die Polizei durchsuchte die Zentrale der Berliner Immobilien-Holding. Deren Geschäftsführer steht im Verdacht, einen Millionenschaden verursacht zu haben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt haben am Dienstag die Räume der landeseigenen Berliner Immobilien Holding (BIH) durchsucht. Etwa 25 Kisten Aktenmaterial wurden beschlagnahmt. Es geht um den Verdacht der Untreue, wie ein Sprecher der Ermittlungsbehörde bestätigte. Genauer gesagt: Um den Verzicht auf Mieteinnahmen zulasten des Landes Berlin in zweistelliger Millionenhöhe. Beschuldigt werden der BIH-Chef Peter Hohlbein und drei ehemalige Geschäftsführer der Finanzbeteiligungs- und Verwaltungs GmbH (LPFV), einer Tochtergesellschaft der Holding.

Tatort ist das Möbelhaus Mutschler im bayerischen Neu-Ulm. Grundstück und Gebäude gehören zum geschlossenen Immobilienfonds LBB 13. Das ist einer von 29 Risikofonds der früheren Bankgesellschaft, die das Land Berlin schon vier Milliarden Euro gekostet haben. Seit 2006 verwaltet die BIH das böse Erbe. Vorher war die LPFV zuständig, eine Tochter der Bankgesellschaft. Alle Fonds waren mit luxuriösen Garantien ausgestattet, um sie den Anlegern schmackhaft zu machen. Um die Bank vor der Pleite zu retten, übernahm Berlin 2001 sämtliche Risiken aus den Garantien. Kontrolliert wird das Risikomanagement seitdem von der BCIA, die ebenfalls dem Land gehört.

Im April 2004 einigte sich die LPFV mit der Möbelfirma im Süden Deutschlands auf einen Vergleich, deren Folgen jetzt die Staatsanwaltschaft beschäftigt. Das Unternehmen stand angeblich vor der Insolvenz. In diesem Fall wären die Mieteinnahmen zulasten des Fonds LBB 13 komplett ausgefallen. Bei einem Mietvertrag bis Ende 2016 waren das insgesamt 103 Millionen Euro. Zuzüglich neun Millionen Euro Mietrückstände. Beide Seiten einigten sich auf eine Abfindungszahlung von 15 Millionen Euro. Nach Meinung der LPFV-Geschäftsführer war das immer noch besser als ein Totalausfall der Mietforderungen. Das Möbelunternehmen war aber raus aus dem Mietvertrag. Die öffentlichen Controller bei der BCIA, deren Geschäftsführer damals Peter Hohlbein war, stimmten dem Deal nachträglich zu.

Vier Jahre später schaltete sich, ebenfalls unbemerkt von der Öffentlichkeit, der Landesrechnungshof ein. Der Abschluss des Vergleichs wurde massiv kritisiert. Erstens hätte die BCIA als Kontrolleur frühzeitig eingeschaltet werden müssen, steht im Bericht der Finanzprüfer. Andere Möglichkeiten, zum Beispiel ein teilweiser Mieterlass für die Möbelfirma, seien nicht geprüft werden. Außerdem bezweifelt der Rechnungshof, dass es tatsächlich zur Insolvenz gekommen wäre. Dafür gebe es keine Belege. Deshalb wurde der mögliche Vermögensschaden auf bis zu 97 Millionen Euro beziffert, denn im Rahmen der Risikoabschirmung kommt das Land Berlin für Mietausfälle aus den Fondsimmobilien auf.

Der 2008 verantwortliche Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wies in seiner Stellungnahme an den Rechnungshof, die dem Tagesspiegel vorliegt, alle Vorwürfe vehement zurück. Er hatte Hohlbein übrigens 2006 zum Chef der neu gegründeten Berliner Immobilien Holding gemacht. Beide kannten sich aus der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TGL). Sarrazin war 1997 bis 2000 Chef des Bundesunternehmens. Hohlbein war dort seit 1991 in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als Leiter der Filiale Berlin/Brandenburg. Der neue Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) ist von den Fähigkeiten des BIH-Chefs dem Vernehmen nach weniger überzeugt. Er will die Holding umbauen, straffen und an der Spitze neu besetzen.

Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Hohlbein und die Ex-Geschäftsführer der LPFV, Klaus H., Stephan P. und Wolfgang P. wurde am Dienstag zwar auch von der Finanzverwaltung bestätigt. Aber Senator Nußbaum wolle es vorerst nicht bewerten, teilte seine Sprecherin Kathrin Bierwirth mit. BIH-Pressesprecher Stefan Siebner sagte nach der Hausdurchsuchung am Vormittag nur: „Es geht um einen alten Vorgang.“

Die Firma Mutschler in Neu-Ulm gehörte damals zur Möbel-Walther AG. Die Lokalpresse schrieb im Mai 2004 unwidersprochen, dass der Walther-Konzern den Mietvertrag für das damals defizitäre Möbelhaus los werden wollte. Die zeitweise Schließung wegen angeblicher Sicherheitsmängel scheiterte aber vor Gericht auch in zweiter Instanz. Danach gelang es, mit dem Segen der Berliner Immobilienkontrolleuren den außergerichtlichen Vergleich abzuschließen. Anschließend teilte Möbel-Walther in einer Presseerklärung mit, dass es mit dem Möbelcenter „wieder vorwärts“ ginge.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false