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Berlin: Ehrenamt: "Der Staat hat keine Seele"

Viele soziale Einrichtungen brauchen ehrenamtliche Helfer. Bis zum Berliner Freiwilligentag am 16.

Viele soziale Einrichtungen brauchen ehrenamtliche Helfer. Bis zum Berliner Freiwilligentag am 16. September, den der Treffpunkt Hilfsbereitschaft und der Paritätische Wohlfahrtsverband organisieren, wollen wir möglichst viele Menschen dafür gewinnen, sich als Helfer zu engagieren. Wir stellen Berliner vor, die sich für andere einsetzen. Der 52-jährige Hubert Jenner ist Gesellschafter und Geschäftsführer eines Emissionshauses für Immobilienfonds. In seiner Freizeit konzipiert, baut und sponsort er Wohnprojekte für Frauen und Mädchen, für Menschen mit Behinderungen, für Aids-Kranke und psychisch Kranke.

Bei so einem Ehrenamt kann sich ja jeder mit dem, was er am besten kann, verwirklichen. Wer gut vorlesen kann, liest Kindern etwas vor. Ich kann mich vollkommen in meinen sozialen Hausprojekten verwirklichen. In meiner Firma baue ich ganz normale Häuser unter marktkonformen Gesichtspunkten. Ich konzipiere Immobilienfonds, aquiriere Aufträge und plane auch viele der Objekte. Da geht es um Steuereffekte und Rendite. Im Sozialbereich muss ich die Häuser anders denken. Da haben Sie eine Klientel, die nicht viel Miete zahlt. Preiswerte Häuser sind meistens marode. Eine Möglichkeit, sie schöner zu machen, ist, Eigenkapital reinzustecken. Dazu nehme ich meine Gewinnausschüttung als Mitgesellschafter. Das Geld fließt außerdem in die gemeinnützigen GmbHs, die die Lebenshäuser tragen, in die Bunte-Haus-GmbH, die sie verwaltet und in meine Stiftung Lebensfarben.

Wenn ich in so ein Haus gehe, kommt niemand auf mich zu und sagt: Danke, dass du das gemacht hast. Das ist auch nicht das, was ich suche. Ich bin ein ergebnisorientierter Mensch. Ich habe eine Vision, hinterfrage sie und definiere ein Ziel. Dann kommt oft das große Leid, dass es bis zur Verwirklichung fünf bis sieben Jahre dauert. Und wenn ich dann durch das fertige Haus gehe und sehe, es funktioniert - dann ist es das. Nehmen wir das Haus in der Reichenberger Straße: ein ZIK-Wohnprojekt für Menschen mit HIV und Aids. Das haben wir so schön saniert und neu gebaut, dass die Bewohner glücklich sind, ihre letzte Lebensphase dort zu verbringen. Der gepflasterte Schulhof, auf den sie gucken mussten, ist jetzt grün. Ich habe die Pflanzen gestiftet, Lehrer und Schüler haben gegärtnert, und die Bewohner haben einen schönen Ausblick. Da ist es ganz egal, wem der Garten gehört.

Meine Idee ist, Menschen ans Leben heranzuführen. Nehmen wir das Haus für psychisch Kranke am Britzer Damm. Seit 1999 wohnen dort 33 Menschen, die vorher in Kliniken, Pflegestufe 3, gelebt haben. Wir haben sie da rausgeholt. Es geht nicht, sie als Dauerpatienten zu entsorgen. Für die Gesellschaft ist es wichtig, dass sie selbstständig leben. Der Staat schafft es nicht, Sozialisierung differenziert hinzukriegen. Der Staat hat keine Seele. Das verlange ich auch nicht von ihm. Wir suchen - auch mit Hilfe von Sozialmanagern - Einzelfalllösungen für Menschen, um sie entsprechend ihrer Bedürftigkeit ans Leben heranzuführen. Das Nachbarschaftszentrum am Marheinekeplatz, das Frauenhaus im Grunewald, die Benefizkonzerte für AIDS-Kranke ...

Ich habe Anteile an meinem Unternehmen verkauft, um freier zu sein. Mittelfristig will ich mich aus der Firma zurückziehen und ganz in die Stiftung gehen. Unter ihrem Dach soll all das, was ich begonnen habe, ewig weitergehen.

Amory BurchardKontakt z

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