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Berlin: Eigenwillig

Nicolas Zimmer, 32 Jahre, CDU

Dass Nicolas Zimmer keine Berührungsängste mit dem politischen Gegner hat, demonstriert der 32Jährige CDU-Politiker immer wieder. Zum Beispiel mit den Grünen, mit denen manch älteren Christdemokraten eine Jahrzehnte lange gewachsene Abneigung verbindet. Die gemeinsame Verfassungsklage gegen den rot-roten Haushalt, zu der sich die einst tief verfeindeten Oppositionsparteien im letzten Herbst durchrangen, war Zimmers undogmatischem Umgang mit dem politischen Gegenüber zu verdanken. „Dass wir gemeinsame Sache gemacht haben, liegt daran, dass ich mit meinen Kollegen sehr gut auskomme. Ein älterer CDU-Kollege hätte mit denen wahrscheinlich gar nicht erst verhandelt.“

Zimmer wurde 1998 ins Abgeordnetenhaus gewählt. Seitdem hat sich der Rechtsanwalt als fundierter Haushaltsexperte profiliert und es in der eigenen Fraktion zum Parlamentarischen Geschäftsführer gebracht. In jüngster Zeit wurde er gar als künftiger CDU-Generalsekretär gehandelt.

So hart der streitfreudige Haushälter in politischen Debatten wirkt, so umgänglich ist er im persönlichen Gespräch. „Das ist der Unterschied zwischen uns und den Altvorderen: Uns geht es nicht um Dogmen und Ideologien, sondern um Positionen, die man nicht nur deswegen ablehnt, weil sie von den anderen kommen.“ Mit Grausen denkt er an die „Wagenburgmentalität“ zurück, die unter Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky geherrscht habe. Den Abstand zur alten CDU-Generation macht Zimmer immer wieder auch im Untersuchungsausschuss zur Bankenaffäre deutlich: Dort prangert er unverhohlen auch die Sünden eigener Parteifreunde an. Da verwundert es nicht, dass der Aufsteiger sogar mit manch jüngerem Abgeordneten der PDS per Du ist – und ältere Kollegen der eigenen Fraktion mit „Sie“ anspricht.

Besonders deutlich ist der Stilwechsel aber im Umgang mit dem einstigen alternativen Erzfeind zu sehen. Die gemeinsamen Anträge, die Zimmer heute mit seinen grünen Kollegen Esser und Schruoffeneger ausklügelt, wären früher undenkbar gewesen: „Zwischen Wolfgang Wieland und Klaus Landowsky bestand nicht nur eine emotionale und intellektuelle, sondern auch eine tiefe körperliche Konfrontation, die man beiden anmerkte.“

Manchmal bekommt Zimmer zu spüren, dass manch älterer Kollege offenbar immer noch ähnlich empfindet: „Wenn ich mal mit einem Abgeordneten einer anderen Fraktion beim Mittagstisch in der Kantine sitze, dann werde ich von meinen eigenen Fraktionskollegen auch schon mal schief angeguckt.“

Mit seinem eigenen Blick auf die Politik hält Zimmer es sogar für denkbar, sich eines Tages wieder den Sozialdemokraten anzunähern, denen manch älterer Kollege wegen des provozierten Koalitionsbruchs nicht mal mehr „Guten Tag“ sage. „Das Tischtuch ist nicht dauerhaft zerschnitten.“

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