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Berlin: „Ein Aufschrei der Türken in Europa“

Wie türkische Blätter über Änderungen der Altersvorsorge berichten

Für viele Türken in Europa heißt es jetzt, Verzicht zu üben. Und deshalb zeigte die Tageszeitung Türkiye am Donnerstag auf ihrer Titelseite ein Foto, auf dem einige ältere türkische Männer traurig in die Kamera blickten. „Der Traum von der (ausreichenden) Rente ist ausgeträumt“, hieß es in der Überschrift. Die Hürriyet nahm sich dann am Pfingstsonntag des Themas an, berichtete über den „Aufschrei der Türken in Europa“.

In den Aufmachern, die seit Anfang der vergangenen Woche die Titelseiten der türkischen Zeitungen füllen, geht es um die Möglichkeit der Altersvorsorge in der Türkei. Denn wer die türkische Staatsbürgerschaft hat und im Ausland lebt, konnte bisher eine einmalige, relativ geringe Summe von einigen tausend Euro in die Rentenkasse in der Türkei einzahlen – und war im Fall einer Rückkehr in seine Heimat im Alter abgesichert. Die Regelung hatte man für die Gastarbeiter geschaffen, die in jungen Jahren auswanderten, später zurückkehrten, aber in der Heimat nicht viel oder gar nicht gearbeitet haben.

Nur hat sich im Laufe der Jahre herausgestellt, dass es für die meisten Gastarbeiter ein Abschied für immer war. Weil für sie die niedrige Summe, die sie in die türkische Kasse einzahlen mussten, sehr leicht aufzubringen war, bekommen jetzt viele von ihnen eine Rente vom deutschen und vom türkischen Staat.

Diese Praxis will die türkische Regierung mit der Neuerung unterbinden. Sie hat deshalb die Einmalzahlung für die Altersvorsorge um 150 Prozent erhöht – was zum Protest der in Europa lebenden Türken geführt hat. Dabei hat die türkische Regierung den Prozentsatz, den die „Gastarbeiter“ zahlen müssen, eigentlich nur an den Prozentsatz der Beschäftigten in der Türkei angepasst.

Für die Hürriyet war die Änderung dennoch Anstoß zu einer breit angelegten Kampagne: Sie hat für ihre Leser am Sonnabend einen Muster-Beschwerdebrief – mit sämtlichen Faxnummern – beigelegt: gerichtet an den Staatspräsidenten, den Ministerpräsidenten und zwei weitere zuständige Minister. Außerdem hat die Zeitung eine eigene Telefonnummer für ihre betroffenen Leser eingerichtet. Für die deutsche Seite hat die türkische Preiserhöhung eher Vorteile: Für alle Betrüger wird es jetzt unattraktiver, sich die doppelte Staatsbürgerschaft zu erschleichen.

Suzan Gülfirat

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