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Berlin: Ein Fest für Kolumbus und die Mutter Gottes

Berlins spanische Gemeinde feierte gleichzeitig die Entdeckung Amerikas und die Jungfrau Maria

SONNTAGS UM ZEHN

Es duftet nach Knoblauch und Meeresfrüchten im überdachten Hofgang der St. Afra-Kirche in Wedding. Im Gewölbe unter der Kirche brutzelt die Paella in einer riesigen Pfanne, denn die Gemeinde spanischsprachiger Katholiken in Berlin feiert an diesem Sonntag ein doppeltes Fest. Der zwölfte Oktober wird in Lateinamerika als „Día de la Raza“ zu Ehren der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus begangen. Geehrt wird aber auch die „Virgin del Pilar“, eine Bezeichnung für die Mutter Gottes, die Schutzheilige Spaniens und Lateinamerikas ist. Das Fest im ehemaligen Kloster an der Graunstraße dauert den ganzen Tag: Es wird gemeinsam gegessen und im Garten gegrillt, Folklore aus Peru und Tänze aus Kuba werden dargeboten. Zuvor finden der Gottesdienst und eine Prozession statt.

In der schlichten Kirche ist es empfindlich kühl, obwohl die Gemeindemitglieder und die vielen Besucher dicht an dicht stehen. Als aber der Chor auf der dreiseitigen Empore zu singen beginnt, begleitet von den Klängen akustischer Gitarren, scheint die Musik die Anwesenden zu erwärmen. Sie stimmen in die fröhlich-wehmütige Melodie ein.

Pfarrer Emilio Monoz-Pozo erzählt in seiner Predigt vom Apostel St. Jakobus, der seines Glaubens müde war. Die Mutter Gottes erscheint ihm in Zaragossa und ermutigt ihn. Sein Glaube solle stärker werden als Stein. Maria ist für den Pfarrer ein Vorbild, das es zu verehren gilt. „Wir müssen Jesus bei uns tragen, wie Maria ihn immer bei sich trug.“ Die anschließende Prozession ist ebenfalls Maria gewidmet, vorweg wird Jesus am Kreuz getragen, dann folgt eine hölzerne Marienstatue mit strahlend-goldenem Heiligenschein. Pfarrer Monoz-Pozo und die Ministranten schreiten voran, die Gemeinde reiht sich in die Prozession ein. Die führt aus der Kirche, die Treppe hinab in den Innenhof. und wird mit dem Ruf „ Viva la Virgin del Pilar, viva la Madre de Dios, viva la Madonna“ beendet.

Alles drängt jetzt in den Keller, die Bierbänke sind voll besetzt, Zigaretten werden angezündet, ein kleines Mädchen im schwarz gepunkteten Flamenco-Kleid tänzelt durch den Raum. Es gibt Paella, Grillsteaks, Kuchen und Sangria aus einem großen Eimer. Maria Alvarez verkauft die Bons für Getränke und Speisen und hat alle Hände voll zu tun. Die 27-jährige Spanierin ist in Berlin aufgewachsen und kommt jeden Sonntag zur Messe in die St. Afra-Kirche. Verglichen mit deutschen Gottesdiensten findet sie „die Stimmung hier viel freundlicher, die Menschen sind so locker und offen“. Die Gemeinde ist für Maria Alvarez eine Verbindung zu ihrer Heimat.

Die Stimmung gibt auch für Gisela und Wilfried Dronia den Ausschlag. Schon öfter haben sie fremdsprachige Messen besucht. Zwar spricht das Ehepaar aus Spandau kein Spanisch. Aber: „Wir sind einfach neugierig, wie andere den Gottesdienst feiern.“ Und die Stimmung? „Lebenslustig.“

Anna Bilger

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