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Ein Gottesdienst nach Fukushima: „Zeige, was du fühlst“

In der Martin-Luther-Kirche in Neukölln wird jeder Besucher mit Handschlag begrüßt. Pfarrerin Monika Weber denkt mit ihrer Gemeinde an die Techniker von Fukushima.

„Schön, dass du da bist“, sagt Pfarrerin Monika Weber und reicht einem jungen Mann lächelnd die Hand. Dann geht sie weiter durch die Kirche, wechselt mit einer alten Frau im Rollstuhl ein paar Worte. Rund 80 Menschen sind an diesem Sonntag in die Fuldastraße zum Gottesdienst gekommen.

Der Kirchenraum ist hell und modern eingerichtet: Statt dunkler Holzbänke Stühle, an den Wänden zeitgenössische Kunst. Das Altarbild etwa hat die Berliner Künstlerin Monika Sieveking geschaffen: Ein Triptychon, in dessen Mitte ein hoher Baum Schatten spendet. Darunter haben sich Kinder und Rentner, Punks und Kopftuch tragende Frauen, Nachdenkliche und Verliebte zu einem Picknick versammelt.

„Zeige, was du denkst, was du fühlst, was in dir ist“, ermutigt die Pfarrerin die Gemeinde. In ihrer Predigt kommt die 51-Jährige auf die Anti-Atom-Demonstrationen in Deutschland und die Katastrophe in Japan zu sprechen. „Ich habe Menschen beobachtet, die jetzt ganz klar sagen, was sie zur Atomkraft denken“, sagt sie. „Das ist nicht alles zu Ende gedacht, aber es sind Einsichten ohne Berechnung.“ Dann verweist Weber auf die Techniker in Fukushima, die unter dem Einsatz ihrer Gesundheit das Menschenmögliche tun, um ein weiteres Austreten von Radioaktivität zu verhindern. „Das gilt es zu würdigen.“ Immer wieder spricht die Pfarrerin, die in diesem Gottesdienst besonders das gegenseitige Geben und Nehmen in den Mittelpunkt rückt, die Gemeinde direkt an: „Erinnere dich mal, was hast du getan ohne Berechnung? Ohne dem Bedürfnis nach Sicherheit nachzugeben?“

Der Gottesdienst ist schon zu Ende, der Segen schon gesprochen, als sie noch einmal vor die Gemeinde tritt. Herzlich bedankt sie sich bei der Organistin, der Lektorin, aber auch bei den Männern und Frauen im Kirchenkaffee. „Die Gemeinde der Zukunft ist die des Gebens und Nehmens“, sagt sie.

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