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Frank Balzer: Ein Mann mit Ausdauer

Frank Balzer steht an der Spitze Reinickendorfs. Als Bezirksbürgermeister wird Balzer weiter für Sport, Personal und Finanzen verantwortlich sein.

Den alten Verlagssitz des Tagesspiegel in der Potsdamer Straße kennt Frank Balzer ziemlich genau. Er hat unangenehme Erinnerungen daran. „Das ist etwa bei Kilometer 37,5 im Berlin-Marathon“, weiß er recht genau, „vor der Steigung Richtung Landwehrkanal, da ist man ziemlich alle, und ich hatte einen Krampf. Bei Kilometer 39, auf dem Potsdamer Platz, ging's wieder ganz leicht.“ Es war der erste Berlin-Marathon des neuen Bezirksbürgermeisters von Reinickendorf. Seine früheren Kollegen im Baudezernat hatten ihn überredet, und entgegen allen Unkenrufen hatte er den Lauf in einer akzeptablen Zeit absolviert.

Das Baudezernat ist Vergangenheit, genauso die acht Jahre als Sozialstadtrat, aus denen sein Ruf als „harter Hund“ stammt. Am 1. Oktober hat er die Nachfolge von Marlies Wanjura angetreten, die nach 14jähriger Amtszeit kurz vor Vollendung ihres 65. Lebensjahres aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Parteipolitischer Streit um die Mittelbewilligung für den Ausbau des Borsighafens und über die ordnungsgemäße Verbuchung von Spendengeldern hatten die erfolgreiche Kommunalpolitikerin offensichtlich zermürbt. Gewählt wurde Balzer mit 38 Stimmen, und da CDU und FDP nur 30 Bezirksverordnete in die Abstimmung schicken konnten, mussten da auch grüne Stimmen dabei gewesen sein, was ihn besonders freut. Offenbar ist er politisch mehr in der Mitte angekommen.

Der 44-jährige Vater von vier Töchtern schwört wohl nicht nur zu Hause, sondern auch in der Kommunalpolitik auf das Konkordanzprinzip. Alle wesentlichen politischen Kräfte, mit denen man sich programmatisch einigen kann, sollten den Bezirk zusammen führen. Mit dem stellvertretenden Bürgermeister, dem Sozialdemokraten Peter Senftleben, harmoniert er besonders. Senftleben war es auch, der nach dem Rücktritt Wanjuras kommissarisch die Geschicke des Bezirks leitete.

Als Bezirksbürgermeister wird Balzer weiter für Sport, Personal und Finanzen verantwortlich sein. Der Sport ist ihm wichtig, weil er den 200 Reinickendorfer Vereinen mit ihren 38 000 Mitgliedern einen hohen Rang für eine funktionierende Gemeinschaft bestätigt, schließlich ist nichts so multikulti wie der Sport. Und Ehrenämter hält Balzer ohnedies für fundamental in der Bürgergesellschaft.

Der öffentliche Dienst Reinickendorfs gilt als beispielhaft schlank in Berlin. Für die Belange der 242 000 Einwohner stehen 1500 Mitarbeiter zur Verfügung. 2008 wurde ein Haushaltsüberschuss von neun Millionen Euro erwirtschaftet. Bei einem Etatvolumen von 466 Millionen Euro für 2010 sind das zwei Prozent. Seit dem Fall der Mauer ist der Bezirk aus einer Rand- in eine Mittellage gerückt. Das hat, so analysiert der neue Bezirksbürgermeister, Vor- und Nachteile. Endlich kann man das herrliche Umland genießen. Vor allem der Norden – Frohnau, Hermsdorf und Waidmannslust – sind bei jungen Familien beliebte Wohnlagen. Die Qualität der Schulen tut ein Übriges. Hermsdorf ist gleichzeitig jwd und mittendrin, mit der S 1 fährt man bis zum Bahnhof Friedrichstraße 29 Minuten.

Die Fehlbelegungsabgabe hat in den neunziger Jahren viel Unruhe ausgelöst. Zu hunderten zogen Familien aus dem Märkischen Viertel und anderen Siedlungen auf der Flucht vor dieser als Strafe empfundenen Mietzusatzforderung nach Brandenburg. Die bis dahin stabile Sozialstruktur drohte zu kippen. Die wichtigste Wohnungsbaugesellschaft, die Gesobau, suchte die Lücken mit einer aus Balzers Sicht problematischen Vermietungspolitik zu füllen. Die Gesobau bestreitet, etwa nicht im Blick gehabt zu haben, dass sich Sozialtransferempfänger nicht in bestimmten Wohnanlagen konzentrieren. Frank Balzer sieht es anders: Wenn in einem Mietshaus nur noch Serbisch, Türkisch oder Kroatisch gesprochen wird und deutsche Altmieter sich in ihrer Muttersprache nicht mehr verständlich machen können, dann geht das nicht, lässt er keinen Zweifel.

Die größte Sorge der neuen Nummer eins in Reinickendorf: Was wird aus dem Flughafen Tegel nach 2012? Zwischen 10 000 und 30 000 Arbeitsplätze hängen daran, möglichst viele davon müssen im Bezirk gehalten werden, wenn die bislang vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote nicht steigen soll. Immerhin, tröstet sich Frank Balzer, fängt man bei Tegel nicht erst, wie im Falle Tempelhof, an, sich über die Nachnutzung Gedanken zu machen, wenn der Flughafen dicht gemacht ist. Gerd Appenzeller

Gerd Appenzeller

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