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„Aber wer ist denn der Alex?“, fragte Stefanie Kloß einmal einen Kumpel bevor sie nach Berlin zog.

© Doris Spiekermann-Klaas

Ein Spaziergang mit Silbermond: „Der Bandname sei doof, hieß es“

Im Knaack Klub bekamen sie schlechte Kritik, am Alex starten sie ihre Touren. Stefanie Kloß und Andreas Nowak von Silbermond blicken auf ihre Karriere zurück.

Es sind knapp fünf Schritte vom Taxi, über den Bordstein, bis zum ehemaligen Knaack-Klub in der Greifswalder Straße in Prenzlauer-Berg. Zwei Mitglieder der vierköpfigen Band Silbermond, Sängerin Stefanie Kloß und Schlagzeuger Andreas Nowak, stehen an dem Ort, wo sie karrieretechnisch erst einmal still stehen mussten, bevor sie große Sprünge machen konnten. An diesem kalten Tag wollen sie durch den Berliner Osten spazieren, Orte zeigen, die ihnen wichtig waren, wichtig sind. Der Knaack-Klub, in dem bis 2010 Partys und Konzerte stattfanden, ist so ein Ort.

Seit mehr als 15 Jahren gehört Silbermond zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Bands. Über sechs Millionen Tonträger soll die Band bisher verkauft haben, spielt regelmäßig in ausverkauften Konzerthallen. Ihr sechstes Album „Schritte“ landete im November, direkt nach Erscheinen, auf dem ersten Platz der Album-Charts. Im Januar startet die Band ihre Tour, auch in ihrer Wahlheimat Berlin machen sie bald Halt.

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2003, vor ihrem Durchbruch, war an große Konzerte noch nicht zu denken. „Wir gingen noch zur Schule und haben Plattenfirmen zu einem Showcase in den Knaack-Klub eingeladen“, erzählt Stefanie Kloß heute. Um den großen Raum nicht so leer wirken zu lassen, fuhr die Band zwei Busse mit Fans aus ihrer Heimatstadt Bautzen nach Berlin.

Die Stimmung war gut, die Band erst einmal zufrieden, geholfen hat’s trotzdem nicht. Was der Beginn einer großen Karriere hätte sein können, wurde durch die Kritik der Label-Chefs vernichtet: „Das erste Feedback war, dass der Bandname doof sei, ein Keyboarder in der Band fehlte und die Songs auch nicht so gut seien.“

Ein Münchner Plattenlabel wurde auf sie aufmerksam

Dabei spielten Silbermond bereits Titel wie „Durch die Nacht“, der einer ihrer größten Hits werden sollte. „Diese Eingriffe wären nicht gut für uns gewesen“, erklärt Schlagzeuger Andreas Nowak heute, „ein Keyboarder hätte auch nicht in die Band gepasst.“ Die Band blieb sich treu, behielt den Namen und die Titel bei. Rockstar-Attitüde halt: Scheiß drauf!

„Die Volksbühne ist ein super Theater“, findet Andreas Nowak.
„Die Volksbühne ist ein super Theater“, findet Andreas Nowak.

© Doris Spiekermann-Klaas

Kurze Zeit später spielten Silbermond einen Gig in Bautzen, dabei wurde ein Münchner Plattenlabel auf sie aufmerksam. Sie bekamen einen Plattenvertrag, nahmen das Album „Verschwende deine Zeit“ auf – der Rest ist Erfolgsgeschichte.

Den Knaack-Klub gibt es heute nicht mehr, in den Räumlichkeiten befinden sich Gewerbeflächen. Berlin im Wandel. Und auch Silbermond haben sich verändert. Das sind zwar immer noch Stefanie Kloß, Andreas Nowak, die Brüder Thomas und Johannes Stolle, aber der Sound ist ein anderer.

„Die Volksbühne ist ein super Theater“

Die erste Platte „Verschwende deine Zeit“ war rotzig und von lauten E-Gitarren bestimmt. Das neue Album „Schritte“ wirkt sanft und homogen. Die Band setzt jetzt auf Akustikgitarren und Klavier, gibt sich politisch und spricht gesellschaftliche Themen an: Schönheitsideale, Digitalisierung, Rechtsruck in Deutschland.

Ein Stadtspaziergang durch Mitte.
Ein Stadtspaziergang durch Mitte.

© Rita Böttcher

Apropos Politik, der nächste Halt auf dem Spaziergang, die Greifswalder Straße hinunter, über die Otto-Braun- in die Mollstraße: Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz – gefeiert, besetzt und nun? Für die beiden Silbermond-Mitglieder ist es ein Quell der Inspiration, der Freundschaft.

Andreas Nowak: „Die Volksbühne ist ein super Theater. Ich komme sehr gerne privat. Matthias Schweighöfer und Milan Peschel haben hier auch mal gespielt.“

Stefanie Kloß: „Nowi ist mit beiden sehr gut befreundet.“

Aber nicht nur das: „Immer wenn Nowi sagt, ob wir nicht mit in die Volksbühne mitkommen wollen, gehen die Alarmglocken an. Ging da nicht mal ein Stück fünf Stunden lang?“

Nowak: „Ja, auch mal sieben Stunden. Damals bei Castorf.“

Der Alex, schönster hässlicher Platz der Welt

Nun laufen die beiden zum Alexanderplatz. „Hier steigen wir immer in den Nightliner ein, wenn es auf Tour geht. Und hier kommen wir auch wieder an“, erzählt Kloß an der Ecke zur Memhardstraße. „Der schönste hässliche Platz der Welt“, sinniert Andreas Nowak, während er auf den Fernsehturm blickt.

Seiner Bandkollegin fällt dazu eine Anekdote ein, in der sie selbst nicht besonders gut wegkommt: „Ich weiß noch damals, bevor wir hier gewohnt haben, meinte ein Kumpel zu mir: Fahrn wir mal kurz zum Alex. Ich meinte daraufhin: Ja, cool. Aber wer ist denn der Alex? Mein Freund hat mich total ausgelacht.“

Überall Inspirationen

Gleich um die Ecke, in der Rochstraße 2, befindet sich das Restaurant „Lebensmittel in Mitte“. Stefanie Kloß blickt durch das Schaufenster auf die Tische und die weißen Stofftischdecken. „Es ist sehr, sehr entspannt. Gutes Essen und guter Wein. Hier halten wir oft Band-Meetings ab.“ Und wiederum gar nicht weit entfernt, gehen sie gern in die Jazzbar „b-flat“ in der Dircksenstraße. „Das Tolle an Berlin ist, dass man sich überall inspirieren lassen kann“, sagt Andreas Nowak.

Dass sie in Berlin einst zunächst gescheitert sind – geschenkt. In all den Jahren seit dem Gig mit den Label-Chefs hat sich die Band zwischen Zufall und Bestimmung, zwischen Bautzen und Berlin immer wieder neu gefunden. Die Großstadt hatte in einen großen Einfluss auf die Karriere der Band. Kloß: „Wir klängen sicher anders, würden wir in Ilmenau wohnen.“

Und wo fühlen sie sich heute zuhause? „Das Herz teilt sich in das kleine B und das große B: beide Städte an der Spree.“

Konzert am 1. Februar in der Mercedes-Benz-Arena

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