zum Hauptinhalt

Einbahnstraßen und weniger Kneipen: Um den Nollendorfplatz soll es ruhiger werden

Im Kiez zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz soll es ruhiger werden. Motzstraße und Nollendorfstraße werden zu "unechten" Einbahnstraßen, der Bezirk erlaubt weniger Kneipen und Restaurants.

Der Kiez zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz wird beruhigt – und das auf verschiedene Weise. Zum einen ist künftig die Einfahrt in Motz- und Nollendorfstraße wird von westlicher Seite nicht mehr möglich. Dies soll verhindern, dass Autofahrer eine Abkürzung durch den Kiez nehmen, wie Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) mitteilte. Und zum anderen will das Bezirksamt neue Kneipen und Cafés im Kiez untersagt. Blaue Markierungen grenzen obendrein die Flächen der Außengastronomie auf den Gehwegen ab. Damit gehen lang gehegte Wünsche vieler Anwohner in Erfüllung, was auch die Diskussion anlässlich der „Platz da!“-Aktion des des Tagesspiegel gezeigt hatte. Anschließend hatte ein Mediator im Auftrag des Bezirksamts mit Anwohnern, Gewerbetreibenden, Bezirksverwaltungen gesprochen. Am 1. November findet eine Diskussionrunde mit Bürgern zum weiteren Vorgehen statt. Die von manchen Schönebergern geforderten Bodenschwellen zur Verkehrsberuhigung baut der Bezirk aber nicht – offenbar aufgrund eines Gerüchts.

„Diese Kissen erzeugen eine erhöhte Gefährdungssituation und werden in Berlin nicht mehr angeordnet“, sagte Ordnungsstadtrat Oliver Schworck (SPD). Darauf hätten sich die Bezirke verständigt, nachdem ein Rettungswagen über eine Schwelle gefahren, der Patient von der Liege gefallen und gestorben sei. Allgemein würden Schwellen die Fahrten von Rettungsfahrzeugen behindern. Bei DRK, Feuerwehr und in anderen Bezirken weiß man von solch einem Vorfall nichts. Kissen und Schwellen seien „weiterhin ein probates Mittel“, heißt es in Charlottenburg-Wilmersdorf. Selbst der Initiator der „Moabiter Kissen“, Mittes früherer Baustadtrat Horst Porath, nennt die Geschichte „ein böswilliges Gerücht von Gegnern“. Während Friedrichshain-Kreuzberg neue Schwellen plant, baut Marzahn-Hellersdorf keine mehr - weil die Autofahrer nach dem Abbremsen lautstark weiterrasen würden.

Was Landschaftsplaner für den Nollendorfplatz vorsehen. Der Bezirk hat für eine komplette Umgestaltung nach eigenen Angaben kein Geld:

Raser will Schworck in Schöneberg anders abbremsen. Derzeit werde geprüft, ob der Radweg in der Maaßenstraße vom Gehweg auf die Straße verlegt werden könne. So wird auch die Straße schmaler. Das wollen aber nicht alle Anwohner, sagt Sibyll Klotz (Grüne), Stadträtin für Stadtentwicklung. Denn beim Ausparken müssten sie dann verstärkt auf Radler achten. „Im Zweifel machen wir es und probieren es ein Vierteljahr aus“, sagt Bürgermeisterin Schöttler. Schworck überlegt, den Straßenquerschnitt im Kiez durch eine andere Parkstellung der Autos zu verringern. Wegen der rasenden Autos, über die sich Anwohner beschweren, habe er sich an die Polizei gewandt.

„Raserei kann nicht bestätigt werden“, sagt ein Polizeisprecher, ebenso der Verdacht auf getunte Auspuffanlagen. Lärmbeschwerden führt man auf den „regen Parksuchverkehr wegen der angespannten Parkraumsituation“ und die Außengastronomie zurück, weil sich dort „ein multikulturelles Kneipen- und Kiezmilieu entwickelt“ habe. „Abends geht es um eine bestimmte Klientel, die den Ärger provoziert“, sagt Schworck. Die in Autos durch den Kiez rase, um zu beeindrucken. Rocker auf Motorrädern, Migranten in Sportwagen, sagt Hubert Pelz von der Initiative „Lärmfreie Nolle“. Die Kritik, dass das bezirkliche Ordnungsamt zu selten kontrolliert, weist Schworck zurück.

Motzstraße und Nollendorfstraße werden "unechte" Einbahnstraßen

Seit dem Frühjahr beschäftigt sich das Bezirksamt nach eigenen Angaben abteilungsübergreifend mit den Problemen. Nun werden Motz- und Nollendorfstraße probeweise zu „unechten“ Einbahnstraßen umgestaltet, damit Autofahrer nicht mehr durch den Kiez abkürzen. „Die Einfahrten von der Martin-Luther- und der Eisenacher Straße Richtung Nollendorfplatz werden für den motorisierten Verkehr untersagt“, sagt Schöttler. In den Straßen selbst darf in beide Richtungen gefahren werden. Zudem werde die Tempo-30-Zone in der Maaßenstraße durch ein Schild auf der Mittelinsel besser gekennzeichnet. Zur Beruhigung der Nollendorfstraße werde geprüft, ob man Poller vor die Einfahrt auf der östlichen Seite der Maaßenstraße setze. Die bestehenden Bürgerinitiativen sollten noch mehr Verantwortung im Kiez übernehmen, fordert Schöttler.

Stadträtin Klotz will verhindern, dass der Kiez nur noch aus Cafés und Restaurants besteht. „Wir werden Anträge auf Gastronomie versagen, wenn in den Räumen vorher nicht bereits Gastronomie war“, sagt Kotz. Der erste Antrag sei bereits abgelehnt worden und man werde dies weiterhin tun, weil es ausreichend Gastronomie gebe. Damit sich die Cafés nicht auf den Gehwegen ausbreiten, lässt der Bezirk die Außenbereiche der Gastronomie auf den Gehwegen mit blauen Punkten markieren. Charlottenburg-Wilmersdorf macht damit bereits seit einigen Jahren positive Erfahrungen. „Die Gastronomen dürfen es nicht übertreiben zu Lasten derer, die den Gehweg benutzen wollen,“ sagt Schworck. Er will klären, ob die Bußgelder bei Überschreitungen deutlich erhöht werden können.

Damit die Autofahrer nicht mehr durch den Kiez abkürzen, sollen Motzstraße und Nollendorfstraße probeweise zu "unechten" Einbahnstraßen werden. Damit ist nur die Einfahrt verboten, auf den Straßen selbst darf in beide Richtungen gefahren werden.
Damit die Autofahrer nicht mehr durch den Kiez abkürzen, sollen Motzstraße und Nollendorfstraße probeweise zu "unechten" Einbahnstraßen werden. Damit ist nur die Einfahrt verboten, auf den Straßen selbst darf in beide Richtungen gefahren werden.

© Garifk: TSP/Bartel

Die Anwohner bewegt noch mehr. Statt dem Parkplatz mit den hässlichen Betonkübeln vor dem Goya wünschen sie sich Bäume, Bänke, ein Café. „Der Parkplatz ist tot“, sagt Martina Schneider vom Verein „Pink Schöneberg“. Wenn die etwa 30 Plätze wegfielen, schade dies den Gewerbetreibenden nicht. „Wenn der Nollendorfplatz schöner wird, verzichten wir gern auf den Parkplatz”, sagt auch Franziska Lippert vom Goya. Viele andere Gewerbetreibende wollen dies allerdings nicht. Es müsse ein Konzept her, wie man mit der Fläche umgehen wolle, sagt Baustadtrat Daniel Krüger (CDU). Es gebe einen „Parkdruck“ in dem Gebiet. Einen Antrag der Piratenpartei zur Umwidmung des Parkplatzes zu einem „Raum für Bürger“ hat die BVV kürzlich abgelehnt. Ebenso erging es ihren Anträgen zur Verlegung des Radwegs in der Maaßenstraße und zur Verkehrsberuhigung der Maaßen- und Winterfeldtstraße durch Umbauten.

Für die Umgestaltungen rund um den Nollendorfplatz will Klotz Gelder aus dem Plätzeprogramm des Senats beantragen. Für weitreichende Änderungen wie den Umbau des Parkplatzes und den Rückbau der Straßeneinmündungen oder gar die bei der Tagesspiegel-Diskussion vorgestellten Entwürfe zur Umgestaltung des gesamten Platzes reiche dies aber nicht.

Informations- und Diskussionsveranstaltung, 1. November, 19.30-21 Uhr im PallaS, Pallasstraße 35, Schöneberg.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false