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Berlin: „Eine große Koalition schließe ich hundertprozentig aus“

SPD-Chef Michael Müller will sich noch auf keinen Partner festlegen. Im Wahlkampf setzt die SPD auf Wirtschaftspolitik

Herr Müller, die Wirtschaftspolitik soll im Zentrum des SPD-Wahlkampfs stehen. Wie viele neue Arbeitsplätze wollen Sie den Berlinern versprechen?

Es wäre nicht seriös, angesichts der schwierigen Situation in Berlin eine konkrete Zahl zu nennen. Aber es wird mit Sicherheit viele tausend neue Arbeitsplätze geben; allein schon durch den Ausbau des Flughafens Schönefeld.

Die wirtschaftspolitische Bilanz seit 2002 ist doch ernüchternd.

Immerhin hat der SPD-geführte Senat den schlimmen Abwärtstrend gestoppt. Seit der Wende hat Berlin weit über 200 000 industrielle Arbeitsplätze verloren. Wir stehen in einem gnadenlosen Wettbewerb mit anderen Regionen und müssen unsere Stärken weiter ausbauen – Tourismus, Kultur und Wissenschaft.

Können die Zukunftsbranchen wirklich ausgleichen, was industriell wegbricht?

Die klassische Industrie bleibt für Berlin ein wichtiges Standbein, aber was sich an den Universitäten und Technologiezentren entwickelt, ist ein riesiges Potenzial. Allein in der Gesundheitswirtschaft arbeiten 180 000 Menschen. Weitere 40 000 Arbeitsplätze sind in dieser Branche möglich.

Aber Schering…

… sehe ich mit Sorge. Eine Fusion mit Merck würde in Berlin einen Abbau von Arbeitsplätzen bedeuten. Das wäre schlimm. Genauso problematisch wäre es, wenn das einzige Berliner Dax-Unternehmen seinen Konzernsitz aus Berlin abziehen würde. Es wäre auch ein empfindlicher Rückschlag für die Gesundheitswirtschaft in der Stadt.

Die großen Unternehmen scheren sich nicht mehr viel um die Politik.

Das stimmt. Die Politik ist da nur begrenzt handlungsfähig. Trotzdem bringen wir uns in die Diskussion ein; an vorderster Stelle der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Berlin braucht große, schlagkräftige Unternehmen.

Sind Sie mit der Arbeit des Wirtschaftssenators Harald Wolf zufrieden?

Grundsätzlich ja. Allerdings hätte die SPD einige Akzente anders gesetzt; vor allem bei der Bestandsförderung kleiner und mittlerer Betriebe – und der Unterstützung von Ausgründungen.

Das Wirtschafts- und das Wissenschaftsressort werden nach der Wahl zusammengelegt?

In Koalitionsverhandlungen, die wir führen, wäre das ein wichtiges Anliegen. Abstimmungsschwierigkeiten und Blockaden zwischen beiden Senatsverwaltungen darf es nicht mehr geben. Wissenschaft und Wirtschaft müssen eng kooperieren.

Und die Kultur…

…kann in der Kulturmetropole Berlin ohne Probleme ein eigenes Ressort sein.

Die SPD-Wahlkampfmaschine läuft intern schon auf Hochtouren. Ihr Spitzenkandidat Klaus Wowereit wird auf allen Plakaten zu sehen sein?

Es ist doch klar, dass der mit Abstand bekannteste und beliebteste Politiker Berlins mit seiner großen Kompetenz ein wichtiger Trumpf im Wahlkampf ist. Aber wir werden auch mit Inhalten punkten: Mit der Wirtschafts-, Bildungs- und Stadtentwicklungspolitik.

Wie ernst nehmen Sie den CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger?

Die SPD nimmt Pflüger so ernst wie die Kandidaten der anderen Parteien.

Vielleicht schafft es Pflüger, die CDU zur stärksten politischen Kraft zu machen?

Nein. Der Mann kennt sich in Berlin nicht aus, er versucht von außerhalb Einfluss zu nehmen, und es bleibt die entscheidende Schwäche der CDU, dass sie kein eigenes politisches Konzept hat.

Schließen Sie für Berlin eine große Koalition grundsätzlich aus?

Das schließe ich hundertprozentig aus. Es gibt nirgendwo in der Berliner SPD die Bereitschaft, mit der Union zusammenzuarbeiten. Große Koalitionen müssen die Ausnahme bleiben. Außerdem wird sich Herr Pflüger nach der Abgeordnetenhauswahl verabschieden und die CDU sprachunfähig zurücklassen. Und es ist, wie gesagt, nicht zu erkennen, welche Politik die CDU in Berlin vertritt.

Vor „ Jamaika“ haben Sie keine Angst?

Überhaupt nicht. Zumal es in der Berliner SPD eine inhaltliche Nähe zu den Grünen gibt. Eine solche Schnittmenge haben Union und Grüne nicht. Auch der CDU-Spitzenkandidat wird es nicht schaffen, breite Wählerschichten der Grünen positiv anzusprechen.

Die Koalitionsaussage der SPD?

Wir wollen eine Zweier-Koalition, mit der SPD als führender Kraft.

Rot-Rot oder Rot-Grün?

Eine Zweier-Koalition.

Das Gespräch führte U. Zawatka-Gerlach.

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