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Berlin: Eine Zukunft für die Vergangenheit

Mit dem Museum für Naturkunde soll es aufwärts gehen – mit der Chance zur Selbstständigkeit

Das Naturkundemuseum soll wieder glänzen – die Mitte Februar startende Patenschaftskampagne für Knochen, Mineralien, ausgestopfte Tiere und andere Exponate ist mit großen Erwartungen verknüpft. Aber neue Ausstellungsräume und eine neue Organisation sind nach Ansicht von Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) dann wirklich die ersten, großen Schritte, damit das Haus an der Invalidenstraße „endlich den gebührenden Platz in der Berliner Museums- und Wissenschaftslandschaft einnehmen kann“.

Der Wissenschaftsausschuss hat gestern ein Gesetz verabschiedet, das die Organisation des zur Humboldt-Universität (HU) gehörenden Hauses vereinfacht. Das Museum soll auch die Chance erhalten, später als selbständiges Forschungsinstitut vom Bund gefördert zu werden. Flierl und die Parlamentarier aller Fraktionen finden fast nur lobende Worte über das Haus, das zwar mit jährlich 250 000 Gästen zu den meistbesuchten Berliner Museen zählt, aber noch immer unter einem verstaubten Image leidet, weil es in vielen Jahrzehnten vernachlässigt wurde.

„Berlin hat mit dem Naturkundemuseum ein Juwel, in dem Schätze verborgen sind, die die meisten noch gar nicht kennen“, schwärmt der SPD-Abgeordnete Bert Flemming. Das Museum sei nicht nur eine Berliner, sondern geradezu eine deutsche Einrichtung, was man dem Bund und den Ländern klar machen müsse. Dass es von Bauschäden gebeutelt und zum Teil eine Ruine ist, dass die Sammlungen in schlechtem Zustand sind, wird immer wieder bedauert.

Aber an dieser Misere kann auch ein neues Gesetz nichts auf Anhieb ändern. „Es ist noch offen, wie die Gesamtinvestition gestemmt werden kann“, stellt die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus fest. Der Senator wünscht sich einen „Ort der Präsentation“ und eine „Sonderfinanzierung“, aber das richtig große Geld winkt noch längst nicht. Rund 120 Millionen Euro müssten in das Haus gesteckt werden, um die Sammlungen ordnungsgemäß unterzubringen und den im Krieg zerstörten Ostflügel wieder aufzubauen.

Wirklich sicher sind nur 8,8 Millionen Euro zugesagter Lottomittel, dazu kommen voraussichtlich 8,8 Millionen Euro aus EU-Strukturfonds-Geldern, die ursprünglich für die Museumsinsel vorgesehen waren. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt die CDU-Abgeordnete Monika Grütters.

Aufgrund der finanziellen Zusagen können die Planungen für Umbauten allerdings schon beginnen, Baustart für die Herrichtung von vier Sälen wird vermutlich 2005 sein. Anna-Barbara Ischinger, Vize-Präsidentin der Humboldt-Universität, betont vor dem Ausschuss die drei entscheidenden Punkte für das Museum: Die Sammlungen müssen erhalten, die Ausstellung modernisiert, die Kriegsschäden beseitigt werden. Das alles könne unter Federführung eines neuen Generaldirektors erfolgen. Dessen Position sei die wichtigste Neuerung im Gesetz, die bisherige kollegiale Leitung aus drei wissenschaftlichen Museumsinstituten habe sich nicht bewährt. Eine „Findungskommission“ hat schon eine Vorauswahl getroffen, die Entscheidung für die künftige Führung des Hauses soll „zeitnah“ fallen.

Nach Ansicht Flierls ist nicht ausgeschlossen, dass das Naturkundemuseum 2006/ 2007 in die „Blaue Liste“ von Forschungsinstituten aufgenommen wird. Zu ihr gehören selbstständige Einrichtungen wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, deren Investitionen und Verbrauchsausgaben zur Hälfte von Land und Bund gezahlt werden. Bislang ist allein die Humboldt-Universität für die Finanzierung des Museums zuständig, was ihr zunehmend schwer fällt, nur bei Bauprojekten müsste sich der Bund zur Hälfte beteiligen. Um in die „Blaue Liste“ zu kommen, könnte, wie die Bund-Länder-Kommission dem Wissenschaftssenator mitteilte, auch eine „Selbstständigkeit innerhalb der HU“ reichen.

Christian van Lessen

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