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Berlin: Einer von 17 Hippies

Seit 40 Jahren ist Musiker „Lüül“ im Geschäft Jetzt schreibt er ein Buch über sein wildes Leben

Der Künstlername passt, auch wenn das die meisten gar nicht mitkriegen. Denn „Lüül“ leitet sich nicht bloß von seinem bürgerlichen Namen Lutz Ulbrich ab, sondern auch vom alten chinesischen Orakel I-Ging. Und da steht das Zeichen „Lü“ für „Der Wanderer“.

Seit 40 Jahren ist der Berliner Ulbrich im Musikgeschäft unterwegs, mit wechselnden Bands, welchselnden Musikstilen und wechselndem Erfolg. Weil Lüül im Laufe der Jahre „mehr erlebt hat als die ganzen anderen Musiker, die ihr Leben lang in der selben Band rumhampeln“, schreibt er gerade an seiner Autobiographie. Das Buch soll im März im Berliner Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erscheinen und mindestens 400 Seiten dick werden. Soviel Platz braucht der 53-Jährige auch, um die wichtigsten Stationen seiner Karriere abzuhandeln: Als 16-Jähriger gründete Lüül die Berliner Progrock-Band „Agitation Free“, die anschließend in Deutschland, aber vor allem in Amerika und Japan bekannt wurde. Später schloss er sich den psychedelischen Rockern von „Ash Ra Tempel“ an, in den 80ern war er als Solokünstler Teil der „Neuen Deutschen Welle“ und landete mit „Morgens in der U-Bahn“ einen kleinen Hit. „Zum Glück war der nicht so groß, dass mich dieses Lied auf ewig verfolgt.“ Heute spielt Lüül bei den 17 Hippies Banjo. Und zwischendurch tritt er mit Freunden auf, um seine Solostücke zu spielen. Zum Beispiel am morgigen Mittwoch im Café Courage in Prenzlauer Berg, „in einem ganz kleinen, gemütlichen Rahmen“. Die Autobiographie soll aber nicht nur von Musik handeln, sondern vor allem von den Tücken des Musikerdaseins. Inklusive Tourstress, Drogenmissbrauch und Bandstreitereien. Und vielen verpassten Groupieorgien. Manchmal war Lüül einfach zu schüchtern, manchmal nicht schnell genug, sagt er. Wie 1972 nach einem Konzert in Kairo. Da wollte Lüül nur kurz ein Hotelzimmer klarmachen, „aber dann war sich die attraktive blonde Dame bereits mit unserem Bassisten einig geworden“. Ausführlich beschreibt Lüül auch die Liebesbeziehung zu Christa Päffgen, die als „Nico“ zum Dunstkreis von Velvet Underground gehörte. „In meiner Zeit mit Nico ist alles drunter und drüber gegangen. War aber trotzdem schön.“ Mit „drunter und drüber“ meint Lüül auch den gemeinsamen Heroinkonsum. Die Beziehung endete 1979 mit einem Streit in einem New Yorker Luxushotel, „da hätten wir uns beinahe umgebracht“. Zum Glück kam die Polizei.

Auch mit den Drogen war es irgendwann vorbei. „Sonntags wurde ja immer im Vorraum der TU-Mensa gedealt. Eines Tages sah ich einen fertigen Typen die Treppe runterwanken, und so wollte ich bestimmt nicht enden.“ Für Drogen hätte Lüül heute auch gar keine Zeit mehr: Mit seinen 17 Hippies ist er in den letzten drei Jahren 40 000 Kilometer im Auto von einem Konzert zum anderen gefahren. Am Donnerstag fliegt er mit der Band nach Japan. Da wird Lüül nicht nur musizieren, sondern auch einen Abstecher ins Wachsfigurenkabinett von Tokio machen, wo seit drei Jahren sein Ebenbild steht. „Angeblich ist die Figur nicht allzu hübsch geworden, aber man will ja nicht meckern.“

Das Konzert am Mittwoch beginnt um 20 Uhr im Café Courage, Saarbrücker Str. 17 in Prenzlauer Berg. Karten gibt’s für sechs Euro unter 41 71 68 59.

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