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Berlin: Elterninitiative: „Wir haben die Schnauze voll“ In Rudow ruft ein Polizist zum Protest gegen Nazimarsch auf

Der Protest gegen den für Sonnabend in Neukölln und Treptow-Köpenick geplanten Neonazi-Aufmarsch breitet sich überraschend stark aus. Neben Lokalpolitikern und Antifagruppen ruft nun auch eine Elterninitiative mit einem ungewöhnlichen Mitglied zu Gegenwehr auf.

Von Frank Jansen

Der Protest gegen den für Sonnabend in Neukölln und Treptow-Köpenick geplanten Neonazi-Aufmarsch breitet sich überraschend stark aus. Neben Lokalpolitikern und Antifagruppen ruft nun auch eine Elterninitiative mit einem ungewöhnlichen Mitglied zu Gegenwehr auf. Einer der Sprecher der Initiative ist der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Berliner Polizei, Uwe Hundt. Der Hauptkommissar betont jedoch, er beteilige sich nur als Privatmann an dem Protest gegen den braunen Umzug. Die private Wut ist allerdings enorm. „Wir haben als Eltern die Schnauze voll“, empört sich Hundt. „Wir wollen die Rechten nicht mehr in dieser Stadt sehen.“ Und Hundt berichtet von zwei Vorfällen, die seinen Ärger angefacht haben.

Da sei die türkische Mutter aus der Bekanntschaft, „die grundsätzlich nur noch mit dem Taxi nach Hause fährt“. Die Frau aus der Gropiusstadt sei im Bus von Neonazis angepöbelt worden und meide nun aus Angst den öffentlichen Nahverkehr, sagt Hundt. Fall zwei: Seine 17-jährige Tochter habe sich an der Straßenkreuzung „Rudower Spinne“ eingemischt, als Freundinnen mit ausländischem Aussehen von Rechtsextremisten beleidigt wurden. Die Täter hätten der Tochter zynisch geantwortet: „Du als Deutsche bist doch blond und blauäugig.“ Hundt und seine Frau begleiten inzwischen die türkischen Freundinnen, die ihre Tochter besuchen, vom und zum U-Bahnhof Rudow. Dieser liegt an der „Spinne“, in deren Umfeld sich häufig Rechtsextremisten aufhalten.

Auf dem Parkplatz am U-Bahnhof werden sich denn auch die Neonazis am Sonnabend versammeln. Die Polizei erwartet etwa 250 Rechtsextremisten, vor allem aus dem Spektrum der „freien Kameradschaften“ und der Skinheadszene. Die Neonazis wollen über die Neuköllner Straße, Stubenrauchstraße, Massantebrücke, den Sterndamm und die Grünauer Straße zum Platz vor dem S-Bahnhof Schöneweide ziehen. Als seltsamen Gag empfindet die Polizei die Ankündigung, mit einfarbigen Fahnen herumzuziehen – obwohl schwarze untersagt sind und rote vermutlich nicht in Frage kommen.

Uwe Hundt und die Elterninitiative „Rudow – Gegen Rechts!“ wollen um 11 Uhr von der Ecke Neudecker Weg/Im Bauernbusch aus zur Köpenicker Straße und von dort zur Straße Alt-Rudow ziehen. Diese Route kreuzt weder die der Neonazis noch der linken Gruppen, die den braunen Marsch behindern wollen. In Treptow-Köpenick ruft Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) zu einem „Bunten Markt gegen braune Einfalt“ auf. Außerdem wird sich das Bündnis „Bunt statt braun“ mit „Trommeln gegen Rechts“ Gehör verschaffen. Nach dem Abgang der Neonazis wollen Joachim Gauck, Vorsitzender des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“, und der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlins, Martin-Michael Passauer, vor dem früheren Johannisthaler Rathaus sprechen. Und die Rudower SPD hat sich vorgenommen, mit Besen die Marschroute der Neonazis zu säubern, wenn die sich verzogen haben.

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