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Berlin: Empörung über Hort-Schließungen

Lehrer-Gewerkschaft und Grüne für Verschiebung um ein Jahr, um Schulen vorzubereiten. SPD-Chef schlägt „Runden Tisch“ vor

Die Proteste bei der Verlagerung der Horte an die Schulen verschärfen sich. Nach der Bildungsgewerkschaft GEW und der Opposition melden sich inzwischen auch kritische Stimmen aus der Koalition. SPDFraktions- und Parteichef Michael Müller forderte einen „Runden Tisch“, um die Abläufe besser abzustimmen. Befürchtet wird, dass bestehende Strukturen wie etwa die Schülerläden kaputt gehen, bevor die neuen Schulhorte räumlich und personell adäquat ausgestattet sind. Bildungssenator Klaus Böger (SPD) appellierte an die Bezirke, das Prinzip „Betreuungsqualität geht vor Umzug“ zu beherzigen. Die Forderung Müllers nannte er eine „gute Idee“.

Nicht nur das Umzugskarussell beunruhigt die Betroffenen. Hinzu kommt, dass die Eltern ab Montag bei der Anmeldungen der 38 000 Erstklässler ihren Betreuungsbedarf angeben müssen. „Weder ist bekannt, welche Elternbeiträge für die verschiedenen Betreuungsvarianten erhoben werden, noch sind den Bezirken die Kriterien für die Berechtigung zum Besuch eines Hortes bekannt“, kritisiert der bildungspolitische CDU-Sprecher, Gerhard Schmid, der als leitender Schulaufsichtsbeamter einen guten Überblick über die aktuelle Situation hat.

Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisierte gestern, dass das Hort-Anmeldeverfahren „jeder Rechtsgrundlage" entbehre. Eltern könnten auf dem Anmeldebogen zwar wählen, in welchem Zeitraum sie ihr Kind an der Schule betreuen lassen wollen. Auf dem Bogen stehe allerdings, dass die Zeiten „voraussichtlich zur Auswahl" stehen. „Ob die dann wirklich angeboten werden, ist völlig offen", sagte GEW-Chef Ulrich Thöne. Ebenso wie die Bündnisgrünen setzt er sich für die Verschiebung der Hortverlagerung an die Schulen um ein Jahr ein.

So weit gehen nicht alle Kritiker. Margrit Barth, jugendpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion, glaubt, dass man die entstandenen „Probleme“ durch ein „enges Zusammenwirken der Senatsverwaltung mit den Bezirken und freien Trägern“ lösen könne. Auch der FDP-Jugendpolitiker Sonning Augstin fordert keine Verschiebung der Reform, sondern lediglich eine schnelle Einigung mit den Trägern, damit der Fortbestand freier Horte und Schülerläden gesichert wird.

„Bis Lösungen gefunden werden, sollen die Kinder da bleiben, wo sie sind“, meint der familienpolitische CDU-Sprecher, Axel Rabbach. Es sei „rechtswidrig“, wenn Familien gezwungen würden, einen fünf Kilometer entfernten Hort zu nutzen, wie es für die Kinder der Reinfelder Grundschule geplant sei. Statt dessen solle die Schule die Möglichkeit erhalten, mit Schülerläden und Kita-Horten zu kooperieren.

Auch die Eltern meldeten sich gestern zu Wort. Auf einer GEW-Veranstaltung berichtete der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Robert Podolski, dass ihm die künftige Schulleiterin seines Sohnes auf die Frage nach einer Ganztagsbetreuung nur sagte, „dass sie nichts Genaues weiß."

Wie berichtet, führt die Verlagerung der Hortplätze an Grundschulen auch zu dutzenden Kita-Schließungen. Hier ergibt sich zusätzliches Protestpotenzial. Allein Charlottenburg-Wilmersdorf muss rund die Hälfte der Kita-Plätze abbauen. Die Kita Niebuhrstraße gehört zu den acht Standorten, die ab Sommer 2005 geschlossen werden sollen: Mit 220 Kindern ist sie eine der größten Kitas Berlins.Vor 15 Jahren wurde das bezirkseigene Haus, in dem sie untergebracht ist, für knapp sieben Millionen Euro saniert. Auch hier wollen Eltern der Schließung nicht tatenlos zusehen und kündigten Widerstand an. tiw/suz/sve

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