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Berlin: Endstation Auschwitz

Der Streit um die Ausstellung über die Juden-Deportationen auf Bahnhöfen geht in eine neue Runde

So hatte man sich das bei der Bahn bestimmt nicht vorgestellt. Jahrelang war über eine wandernde Ausstellung in Bahnhöfen, die die Juden-Deportation zur NS-Zeit thematisieren sollte, gestritten worden. Ende des letzten Jahres kam endlich eine Einigung zwischen Centrum Judaicum, Bundesverkehrsministerium und der Bahn zustande: Die Ideen der Publizistin Beate Klarsfeld, die in Frankreich bereits die Ausstellung „11 000 jüdische Kinder“ in Bahnhöfen initiiert hatte, sollten ebenso in das Projekt einfließen wie das Know-how des Berliner Transport-Historikers Alfred Gottwaldt. Neben dem Zentralrat der Juden hatte auch Klarsfeld die Einigung ausdrücklich begrüßt. Im Lauf der Debatte war die Bahn von ihrem früheren Standpunkt abgerückt und ist jetzt bereit, die Ausstellung auch in den Bahnhöfen zu zeigen statt lediglich in bahnhofsnahen Örtlichkeiten. Die Ausstellung soll im Januar 2008 eröffnet werden.

Doch am vergangenen Montag kündigte die Vorsitzende des Förderkreises „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“, Lea Rosh, zusammen mit Beate Klarsfeld eine Protestkampagne gegen die Bahn an. Rosh kritisiert, die geplante Konzeptionsphase von einem Jahr sei zu lange. Darüber hinaus wolle man von Seiten der Bahn Beate Klarsfeld und deren Mann Serge nicht „vollständig genug“ in das Projekt einbinden.

Tatsächlich lehnt die Bahn es ab, die Ausstellung von Beate Klarsfeld einfach zu übernehmen. „Die von Frau Klarsfeld konzipierte Ausstellung wird aus fachlicher Sicht als nicht sehr überzeugend angesehen“, schreibt Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in einem Fax, das dem Tagesspiegel vorliegt. Lea Rosh hat die französische Ausstellung nicht gesehen, setzt Mehdorn aber entgegen: „Was für französische Bahnhöfe gut genug ist, muss auch bei uns ausreichen.“

Historiker Gottwaldt, der sich mit Klarsfeld und ihrem Mann Serge getroffen hat, beschreibt die französische Ausstellung als „eine große Zahl langer Tabellen und Hunderte von Kinderfotos“. Das möge ergreifend sein, mache aber alleine noch keine gute Ausstellung aus. „Wir brauchen auch erklärende Elemente“, sagt der Ausstellungsmacher, der eine „komplexe Ausstellung über die Verbrechen der Reichsbahn“ fordert.

Rosh kündigte für heute, den Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, um 15 Uhr 30 eine Diskussion im Berliner Hauptbahnhof an. Dass die Bahn dort Hausrecht genießt, beeindruckt sie nicht: „Die wären schlecht beraten, uns rauszuwerfen.“ Im Anschluss an das Gespräch soll ab 18 Uhr eine Demonstration auf dem Gelände des Hauptbahnhofes stattfinden.

Johannes Boie

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