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Berlin: Er schlug immer wieder grundlos zu: Gericht stoppt 15-jährigen Ronny

Keine Bewährung für jungen Serientäter: Zwei Jahre und neun Monate Haft

Ronny hatte kein Erbarmen. Von hinten schlug er zu. Mit einer Baseballkeule. Auf einen nächtlichen Fußgänger, den er nie zuvor gesehen, mit dem er kein Wort gesprochen hatte. Wollte der 31-jährige Ingenieur aufstehen, holte Ronny erneut aus. Anderthalb Stunden zuvor hatte er auf offener Straße einem Studenten einen Pflasterstein ins Gesicht geschleudert. Einfach so. Ronny R. ist 15 Jahre alt. Er ist ein junger Intensivtäter. Wie Mahmoud, Sawis und Rami. Gestern wurde Ronny wegen der Gewaltorgie am 4. April in Pankow und einer Serie weiterer Straftaten zu zwei Jahren und neun Monaten Jugendhaft verurteilt.

Schon 46 Mal musste sich die Staatsanwaltschaft mit dem 15-Jährigen befassen. Bei 19 der aktenkundigen Taten war er unter 14, ein strafunmündiges Kind. Einmal wurde er nach einer Attacke zu Freizeitarbeit verurteilt, ein anderes Mal zu zwei Wochen Jugendarrest. Die Strafe aber trat er nicht an. Im jetzigen Prozess hatte sich Ronny geständig gezeigt. „Ich weiß auch nicht mehr, warum ich das getan habe“, sagte der knapp 1,60 Meter große Angeklagte. „Vielleicht wollte ich ja im Mittelpunkt stehen?“ Ronny sagte, dass ihm das Ganze Leid tue. Wirklich überzeugend klang die Einsicht nicht.

Die Anklägerin hatte eine Jugendstrafe von drei Jahren gefordert. Sie hob hervor, dass die ungebremste Gewaltbereitschaft des jungen Angeklagten besonders erschrecke. Der Verteidiger beantragte eine Strafe von nicht mehr als zwei Jahren. Damit wäre eine Strafaussetzung zur Bewährung möglich gewesen. Er wollte, dass Ronny mit Hilfe der Jugendgerichtshilfe in ein Haus in Thürigen kommt, wo junge Serientäter wie er rund um die Uhr betreut werden. Damit Ronny, der aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommt, das Leben in einer Gemeinschaft erlernen kann.

Das aber war den Richtern zu gefährlich. „Wir mussten daran denken, was passieren könnte, wenn das nicht klappt“, hieß es im Urteil. Das ist ungewöhnlich, denn Opferschutz steht im Jugendstrafrecht nicht gerade an oberster Stelle, sondern der Erziehungsaspekt. „Wir müssen auch an die Opfer denken“, sagte nun der Richter. „Völlig aus heiterem Himmel“ habe Ronny die beiden Männer attackiert. Wortlos. „Ich hätte ihm Geld gegeben, aber er reagierte nicht, sondern schlug zu“, sagte Ingenieur Kai S. im Prozess. „Ich dachte, der will mich totschlagen.“ Der 31-Jährige lag zehn Tage im Krankenhaus. Er hatte bei der Prügelorgie mehrere Knochenbrüche an beiden Händen und Kopfverletzungen erlitten.

Ronny kommt anders als Sawis oder Rami aus einer deutschen Familie. Doch ein richtiges Zuhause fand er dort nicht. Er lebte allein mit seiner Mutter, die selbst eine freudlose Kindheit erlebt hatte und bald mit dem Jungen überfordert war. Seit der 5. Klasse ist er nicht mehr zum Unterricht erschienen. „Er ist völlig unkontrolliert durch Berlin gerannt“, sagte sein Anwalt.

Die Richter merkten an, dass es aus der Untersuchungshaft heraus keine Beschwerden über Ronny gab. Der Jugendliche habe dort offensichtlich eine positive Entwicklung genommen. Die Haftstrafe sei deshalb jetzt erforderlich, um eine kriminelle Gewaltkarriere zu stoppen. Gegen einen 21-Jährigen, mit dem Ronny in jener Aprilnacht angetrunken unterwegs war und der bei den Übergriffen zugesehen hatte, erging eine zweijährige Bewährungsstrafe.

Kerstin Gehrke

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