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Elvira Berndt (v. l.), Geschäftsführerin vom Verein Gangway für Straßensozialarbeit, mit den Gangway-Mitarbeitern Philipp José Richter und Cassius de Caifaz sowie Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) beim „Gipfel gegen Jugendgewalt“.

© dpa/Fabian Sommer

Ergebnis des Anti-Gewalt-Gipfels nach Silvester: Berliner Senat will zweistelligen Millionenbetrag in Jugendarbeit investieren

Berlins Regierende kündigt mehr Geld zur Unterstützung von Jugendlichen an. Die Justiz warnt derweil vor zu schnellen Strafverfahren, die CDU fordert härtere Strafen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin hat nach den Silvester-Krawallen Ausgaben in „zweistelliger Millionenhöhe“ für mehr Sozialarbeit und Gewalt-Prävention in Berlin angekündigt. Das sagte Franziska Giffey (SPD) am Mittwoch nach dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ im Roten Rathaus. „Wir haben nicht nur Redebedarf, sondern wir haben auch Handlungsbedarf“, erklärte Giffey. Die SPD-Politikerin forderte eine „Kraftanstrengung für mehr Respekt“.

Die Regierende Bürgermeisterin versprach, dass die Veranstaltung keine PR-Aktion sein werde. „Es ist ganz klar, dass ein solcher Gipfel nicht ein einmaliges Ereignis bleiben darf, wo alle mal sagen, wie betroffen sie sind“, sagte die SPD-Politikerin. Er sei der Beginn eines Arbeitsprozesses gegen Jugendgewalt in Berlin. Deshalb sollen in vier Bereichen bis zum 22. Februar gemeinsam mit Polizei, Justiz, sozialen Trägern und Jugendlichen Konzepte entwickelt werden.

Als Schwerpunkte nannte Giffey intensivere Sozialarbeit mit Elternhäusern, mehr außerschulische Jugendsozialarbeit, mehr Orte für Jugendliche in allen Stadtquartieren und eine konsequentere Strafverfolgung. Giffey betonte, dass der Senat sich auch über den Wahltag am 12. Februar hinaus in der Verantwortung bei der Krisenbewältigung sehe. Dies gelte bis gegebenenfalls ein neuer Senat vereidigt sei. Sie sagte: „Wir können die Zustände nicht so lassen, wie sie sind.“

Ich bin jetzt nach dem Termin durchaus optimistisch, weil ich eine außerordentlich offene Runde erlebt habe.

Elvira Berndt, Geschäftsführerin von Gangway

An dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ nahmen rund 30 Vertreter von Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz sowie der Integrations- und Sozialarbeit teil. „Ich bin jetzt nach dem Termin durchaus optimistisch, weil ich eine außerordentlich offene Runde erlebt habe, wo ich das Gefühl hatte, dass alle über das gleiche Thema geredet haben“, sagte Elvira Berndt, Geschäftsführerin des Straßensozialarbeitsvereins Gangway.

Bei manchen Vertretern aus der Sozialarbeitspraxis herrschte im Vorfeld durchaus Skepsis. „Ich erinnere mich an Islamkonferenzen deutschlandweit. 2200 Seiten Papier wurden bedruckt, und wir haben unsere Ziele trotzdem nicht erreicht“, sagte Kazim Erdogan, Vorstand des sozialen Vereins Aufbruch Neukölln. In der Vergangenheit sei oft über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden worden. Das sei diesmal anders gewesen.

In die Diskussion um schnellere Strafverfahren schaltete sich am Mittwoch auch die Berliner Strafjustiz ein. In einer gemeinsamen Pressemitteilung warnten Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), Generalstaatsanwältin Margarete Koppers und der Präsident des Kammergerichts, Bernd Pickel, vor überzogenen Erwartungen an das sogenannte Neuköllner Modell, das Schnellverfahren für jugendliche Straftäter vorsieht.

Das Neuköllner Modell und allgemein das vereinfachte Jugendverfahren eigne sich „per se nur für Jugendliche, die wegen eines einfach gelagerten Sachverhalts“ beschuldigt werden. Bei komplexeren Verfahren gebe es Anhörungsrechte. Verkürzte Verfahren seien „rechtsstaatlich nicht zulässig“, hieß es weiter. Generalstaatsanwältin Koppers erklärte: „Die einen Rechtsstaat auszeichnende Strafverfolgung umfasst eine Verfahrensführung, die mit der bestmöglichen Beschleunigung, aber auch der erforderlichen Sorgfalt, zu fairen, durchdachten Einzelfallentscheidungen führt.“

Unterdessen will die Berliner CDU-Fraktion die Strafen für Angriffe auf Einsatzkräfte deutlich verschärfen. Künftig soll Tätern mindestens ein halbes Jahr Haft drohen, wenn sie Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräfte attackieren. Werden Einsatzkräfte wie in der Silvesternacht in einen Hinterhalt gelockt, soll die Mindestfreiheitsstrafe sogar ein Jahr betragen. Das geht aus einem Antrag der Fraktion hervor, der am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus behandelt werden soll.

Auch die Grünen haben am Mittwoch Eckpunkte zur Stärkung der Jugendarbeit vorgestellt. Die Partei setzt auf einen Dreiklang aus Jugendsozialarbeit, „Kiezstärkung“ und beruflicher Orientierung. „Soziale Gerechtigkeit lebt durch Perspektiven, in den Hoffnungen und Träumen unserer Kinder und Jugendlichen“, sagte die Fraktionsvorsitzende Silke Gebel.

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