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Bibliotheken bieten kostenlos die Möglichkeit zum Lesen, dass soll auch in Zukunft so bleiben.

© dpa

Erhaltung von Kiezbibliotheken: Bleiberecht für Bücher

Mit Schlachtrufen protestierten Kinder, Lehrer und Eltern gegen Schließung einer Kiezbibliothek in Schöneberg. Auch Schriftstellerin Eva Menasse macht sich stark für die Erhaltung der Leihbücherei.

„Wir protestieren – auf allen vieren!“, lautete ein Schlachtruf, der am Montagvormittag in Schöneberg von Kindern skandiert wurde. Auf selbstgemalten Transparenten und Schildern stand „Wir brauchen Bücher!“, „Keine weiten Wege für Bildung!“ oder „Die Bücherei soll bleiben, sonst werden wir verweilen!“.

„Verweilen“, muss man wissen, ist ein neuer, leicht euphemistischer Begriff für das Sitzenbleiben. Rund 300 Schüler, Kinderladenkinder, Lehrer und Eltern demonstrierten gegen die drohende Schließung der Thomas-Dehler-Bibliothek an der Martin-Luther-Straße. Es geht um eine Bildungsinstitution, die in ihrem Kiez fest verankert ist und gerne besucht wird. Viel Zorn hat sich aufgestaut, weil sie nun abgewickelt werden könnte.

Beteiligt an der Aktion waren Klassen der Scharmützelsee- und der Löcknitz-Grundschule sowie Gruppen aus dem INA-Kindergarten an der Rosenheimer Straße. Alle diese Einrichtungen befinden sich in unmittelbarer Nähe der Bibliothek. Wie man Kinder an das Lesen heranführen kann, das wird hier wortwörtlich vorgemacht: Indem die Lehrer und Erzieher sie regelmäßig zum Bücherhaus führen, wo die Kinder dann lesen, Bücher ausleihen oder sich vorlesen lassen. Würde die Kiezbücherei die Arbeit einstellen, bedeutete das für die Grundschulklassen und Kindergartengruppen das Ende ihrer Bildungsausflüge. Denn die nächste Bibliothek ist zu weit weg, um sie noch gruppenweise zu Fuß aufsuchen zu können.

Jung, bildungshungrig und sehr laut.
Jung, bildungshungrig und sehr laut.

© DAVIDS

Es grenzt an ein Wunder, dass die Thomas-Dehler-Bibliothek überhaupt noch existiert. Weil dem Bezirk das Geld für Bibliothekare fehlte, wird die in einem Flachbau aus der Nachkriegszeit liegende, an einen großen Spielplatz grenzende Bücherei seit zwölf Jahren komplett von ehrenamtlichen Helfern betrieben.

Dieses Alleinstellungsmerkmal ist zugleich die Crux des Hauses. Der Datenschutz verlangt, dass nicht fest beschäftigte Mitarbeiter keinen Einblick in die zentralen Daten des VOEBB (Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins) bekommen sollen. Sie dürfen keine Bibliotheksausweise ausstellen oder verlängern, keine Bargeldzahlungen entgegennehmen, Ausleihen sind nur noch per „Selbstverbuchung“ möglich. Diese neuen Regeln gelten seit Anfang des Jahres.

Für die Selbstverbuchung wurde ein Computerterminal aufgestellt, der allerdings schon seit Wochen meist außer Betrieb ist. Was de facto heißt: In dieser Leihbibliothek ist eine Ausleihe so gut wie unmöglich. Eine der Initiatoren, die Schriftstellerin Eva Menasse, erzählte den Kindern am Protesttag, wie schrecklich die Schließung der Bibliothek wäre: Die Bücher wären dann „ganz traurig“, weil niemand sie mehr ausleihen würde. Geschichten wollen nämlich unbedingt gelesen werden.

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