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Stifter und Lenker. Fördervereinsvorstand Wilhelm von Boddien erklärt dem Chefarchitekten des Stadtschlosses Franco Stella die Arbeit der Steinmetze. Foto: Stephanie Pilick

© dpa

Berlin: Erster Spatenstich fürs Stadtschloss in drei Jahren

Der Zeitplan für den Wiederaufbau des Humboldt-Forums steht. Die Spenden fließen. Ab nächstem Jahr kann man Steinmetzen bei der Arbeit zusehen

Bereits in knapp zwei Jahren beginnen „vorbereitende Arbeiten“ für den Bau des Humboldt-Forums – im Jahr 2019 soll das Monumentalwerk des Bundes mit dem Antlitz des Berliner Stadtschlosses eröffnet werden. Dies kündigte der Staatssekretär des Bundesbauministeriums Rainer Bomba am Dienstag an und erklärte das Projekt zu seiner Herzenssache: „Für mich persönlich ist es eine der schönsten Aufgaben, ein Schloss zu bauen.“ Bomba wartete zugleich mit einer Überraschung auf: Bereits in drei Jahren erfolge der erste Spatenstich, ein Jahr früher als der Baustart zuletzt geplant war.

Die gute Nachricht war bestens platziert: zur Übergabe einer Spendenmillion durch den Chef des Fördervereins Berliner Schloss, Wilhelm von Boddien, an die bundeseigene Stiftung Stadtschloss. Dafür erntete der zeitweilig in die Kritik geratene Sammler wiederholte Dankesbekundungen von Bomba. Für den Spitzenbeamten des Bauministeriums ist Boddien der Motor des Projektes. Der so gelobte bedankte sich auf seine Weise: Er verkündete den Eingang der höchsten Einzelspende bisher überhaupt: 4,5 Millionen Euro für das Portal 5 des Stadtschlosses will ein Stifter überweisen, der ungenannt bleibt. Übertroffen wird er vielleicht bald schon von dem Finanzier der Kuppel – ein Unternehmen und ein Verband seien daran interessiert.

Mit der Millionenübergabe am Spittelmarkt ging die Übertragung des Fassadenschmucks durch Boddien an die Stiftung einher. Der Förderverein hatte bereits Steinmetze mit der Nachbildung von Adlern, Löwen und Widderköpfen, von Kapitellen, Kriegerschildern und Blumenornamente beauftragt, bevor die Bundesregierung sich trotz Sparhaushalts zur Schlossrekonstruktion bekannt hatte. Über diesen Alleingang war gestritten worden – doch das ist passé: „Ich bin mir sicher, dass die Modelle von der Prüfungskommission komplett übernommen werden“, sagte der Chef der bundeseigenen Schlossstiftung Manfred Rettig.

Im Skulpturenlager des Fördervereins hat die Löwentatze am tiefblauen Mantel von Franco Stella weiße Spuren hinterlassen. Der Chefarchitekt des Berliner Stadtschlosses ist nach Marienfelde gekommen – und bricht eine Lanze für die historische Rekonstruktion. Drei der vier Schlossfassaden werden alte Bilder aus Kaiserzeiten aufleben lassen – „die Menschen möchten das so“, sagt Stella.

Zur Herstellung der 3000 Bildhauerstücke an der Schlossfassade brauchen die Handwerker 300 Modelle, sagt Architekt York Stuhlemmer. Er ist mitsamt der Skulpturen vom Förderverein zum Stella-Team gewechselt – und auch diese Personalie zeigt, wie pragmatisch das Bauvorhaben inzwischen vorangetrieben wird. Die Motive der Skulpturen sowie deren Größe und Ausdruck werden Fotografien entnommen. In der plastischen Ausbildung der Details bleibt Raum für die künstlerische Sprache des Bildhauers. Da geht auch mal etwas schief: „Eine weibliche Figur musste überarbeitet werden, weil sie zu sexy war“, erzählt Boddien. Das entschied eine eigens eingesetzte Kommission. Diese hat dabei nicht etwa die guten Sitten im Auge, sondern das historische Erbe, dem die Rekonstruktion gerecht werden soll. Und für Wissenschaftler haben eben auch weibliche Kurven eine geschichtliche Dimension.

Pessimisten bezweifeln, dass die im Budget eingeplanten 80 Millionen Euro Spendengelder eingesammelt werden können. Baustaatssekretär Bomba zweifelt daran nicht. Boddien zufolge hat der Förderverein 14,5 Millionen Euro bereits zusammen. Der größte Teil davon stecke aber in Kosten für Pläne, Modelle und Skulpturen – und bei fast allen Projekten dieser Größe wurden die Kosten überschritten. Dem hält Bomba entgegen, dass auch bei der Frauenkirche zwei Drittel der Spenden erst eingingen, als der Bau weit fortgeschritten war. Er sei „felsenfest davon überzeugt“, dass noch viel mehr Geld zusammenkommen wird.

Unumstößlich scheint nunmehr der Zeitplan. Der Chef der bundeseigenen Schlossstiftung Rettig rechnet damit, dass „wir die Baugenehmigung im nächsten Jahr bekommen“. Dann sollen auch die Steinmetze in der neuen „Schlossbauhütte“ die verbleibenden zwei Drittel der Skulpturen erstellen. Wer die Spandauer Werkstatt besuchen will, kann dies ab Frühjahr kommenden Jahres an mit einem Shuttlebus von der Humboldt-Box am Schlossplatz aus.

Für Stiftungschef Rettig ist die Rekonstruktion ein „Neubau, der die historische Fassade widerspiegelt“. Für die historischen Elemente habe man in Kolloquien die „architekturtheoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen gelegt“. Künftige Generationen könnten sogar die Innenräume wieder nach historischen Vorbildern nachbauen – zur Eröffnung werden sie aber „modern gestaltet“.

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