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Berlin: Es geht ein Buch auf Reisen

Bookcrosser lassen Literatur liegen – damit sie weitergereicht wird

Das Prinzip ist schon ein wenig herzlos: Bücher finden sich plötzlich an der frischen Luft wieder. Als eines der ersten traf es Jane Austens „Gefühl und Verstand“. Glücklicherweise fand sich ein Leser, der den Band mit nach Hause nahm. Der Finder entdeckte eine EMail-Adresse im Buch. „Nicht gelesen, sondern nur gefunden“, formulkierte er eine Nachricht an den Eigentümer, der das Buch mit Absicht liegen gelassen hatte. Denn er wollte wissen, ob Ron Hornbakers Initiative funktioniert. Der Amerikaner bittet seit April 2001 Bibliophile aller Kontinente, gelesene Bücher bei www.bookcrossing.com zu registrieren, um sie dann an öffentlichen Orten auszusetzen. Auf Parkbänken, in Wartezimmern, U-Bahnen oder Cafés. Auf Rügen wie auf Kuba, in den USA oder eben Berlin.

„Bookcrosser sind Mitglieder einer riesigen globalen Bibliothek,“, sagt Hornbaker, „und sie wollen nicht nur mit Freunden, sondern auch mit Fremden über Bücher diskutieren.“ Mehr als 300 000 Bände kursieren derzeit weltweit, fast 2700 davon in Deutschland. Und 150 sind es in Berlin, wo die Lust am Verlust seit kurzem Freunde findet. Allerdings vereiteln aufmerksame Passanten den Versuch, sich der Literatur zu entledigen.

„Bookcrossing“-Bücher sind an einem speziellen Aufkleber und einer Registriernummer zu erkennen. Anhand derer sind im Internet nähere Informationen zu Ort und Zeit des „Verlustes“ zu finden – und zu anderen Vorbesitzern. Allerdings gibt es eine gewisse Fluktuation. „Zwei von drei Findern machen mit – die einen vorübergehend, die anderen für immer“, sagt Hornbaker und erzählt vom längst verschollen geglaubten 600-Seiten-Wälzer einer Kanadierin: Der tauchte plötzlich erst in London wieder auf, dann in Rom, Madrid und Wien und wurde jüngst am Pool eines Ferienclubs in der Dominikanischen Republik liegen gelassen. Die Bookcrosserin aus Vancouver wird auch weiterhin per E-Mail über die Etappen des Minette-Walters-Krimis informiert, gratis und insgesamt fünf Jahre lang. Selbiges sichert Hornbaker allen zu, die seinem Aufruf folgen. Egal, ob sie Bestseller oder Remittenden, Taschenbücher oder Hardcover, Belletristik oder Bildbände beisteuern. msa

Mehr zum Thema im Internet unter: www.bookcrossing.com

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