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Berlin: Es geschah im Morgengrauen an der Potsdamer Brücke

Jetzt erinnert eine Gedenktafel daran, wie der Soldat vom Treptower Ehrenmal in den letzten Kriegstagen ein Mädchen rettete

Nun erinnert nicht nur ein großes Denkmal, sondern seit gestern auch eine kleine Gedenktafel an die Tat des sowjetischen Gardesergeanten Nikolai Iwanowitsch Massalow: Beim Kampf um Berlin hatte der damals 23-Jährige im Morgengrauen des 30. April 1945 ein etwa dreijähriges blondes Mädchen gerettet – im Kugelhagel zwischen den Frontlinien nahe dem Landwehrkanal an der Potsdamer Brücke. Das Kind saß weinend neben einer toten Rot-Kreuz-Schwester. Der Unteroffizier kroch zur Brücke, ergriff das Kind, bekam von seinen eigenen Leuten Feuerschutz und brachte das Mädchen aus der Feuerzone in Sicherheit.

Diese Tat war das Vorbild für das 13 Meter hohe Monument im Treptower Ehrenmal. Der Bildhauer E. W. Wutschetitsch suchte für sein Denkmal „ein einfaches, jedem verständliches Gleichnis“ für die Befreiung Deutschlands: „Das Kind auf dem Arm des Soldaten hat den verheerenden Krieg überlebt, der Kämpfer trägt es dem Frieden, einer neuen Welt entgegen“, sagte der Bildhauer einmal. Sein Modell indes war nicht Massalow, sondern ein anderer Soldat; es soll sogar Pläne gegeben haben, Josef Stalin auf den Sockel zu stellen. Ausführliche Recherchen des Deutsch-Russischen Museums Karlshorst ergaben, dass nur die Tat Nikolai Massalows verbürgt ist. Die vom Prawda-Korrespondenten Boris Polewoi beschriebene Rettung durch den Obersergeanten Lukjanowitsch hat sich als Legende erwiesen, ein Gedenkstein in Treptow kam ins Museum. Echt und gesichert ist Massalows Rettungsaktion, wie sie Marschall Tschuikow in seinen Memoiren beschrieb. Das Mädchen von damals wurde nie ermittelt, ihr Retter starb am 10. Dezember 2001 im sibirischen Kemerowo.

Bei der Enthüllung der Gedenktafel an der Potsdamer Brücke sprachen gestern Peter Jahn, der Direktor des Karlshorster Museums, A. Karasajew, der stellvertretende Verteidigungsattaché der Russischen Botschaft und Jörn Jensen, einst Chef im Bezirksamt Tiergarten. Sie würdigten die mutige Tat als Ausdruck von Menschlichkeit mitten im Krieg. „Vor dem Hintergrund von mehr als 70 000 Menschen, Deutschen wie Russen, die in den Kämpfen um Berlin den Tod fanden, erhält die Tat Massalows eine besondere Bedeutung und verdient in unserer öffentlichen Erinnerung eine sichtbare Würdigung“ sagte Volker Hobrack. Der Vorsitzende der Gedenktafelkommission der BVV Mitte erhält nächste Woche das Bundesverdienstkreuz. Ihm lag diese späte Ehrung einer guten Tat seit langem am Herzen.

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