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Europawahl: Roth-Behrendt - die Langzeit-Europäerin

Vor 20 Jahren wagte sie den großen Sprung: von der Bezirksverordnetenversammlung in Spandau ins Europäische Parlament. Seitdem pendelt Dagmar Roth-Behrendt zwischen Straßburg, Brüssel und Berlin.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein roter Kugelblitz. Kaum war die SPD-Frau im EU-Parlament, wurde sie Sprecherin der Sozialistischen Fraktion für Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitspolitik – und blieb es 15 Jahre lang. 2004 avancierte sie zur Vize-Parlamentspräsidentin und leitete 2007 eine Arbeitsgruppe zur Reform des Europäischen Parlaments.

Ihr Herz trägt die gebürtige Hessin, die sich nach dem Jura-Studium als Rechtsanwältin in Berlin niederließ, gern auf der Zunge. Auf dem Höhepunkt des Rinderwahnsinns warf Roth-Behrendt der Brüsseler Bürokratie „Ignoranz, Profitsucht und Realitätsferne“ vor. Den früheren EU-Kommissionschef Romani Prodi nannte die sprachmächtige Sozialdemokratin einen „netten Professor, der vor sich hin wurstelt“. Und wenn Roth-Behrendt SPD-Landesparteitage leitete, hatten Delegierte nichts zu lachen, die sich nicht streng an die Regularien hielten.

Längst sind die Nominierungen der Berliner Sozialdemokraten zur Europawahl ein Ritual geworden. „Unsere Dagmar“, wer sonst, sollte kandidieren? Auch eine schwere Krankheit setzte sie nur zeitweilig außer Gefecht. Im Juni 2008 wurde Roth-Behrendt zum fünften Mal für die Bundesliste ihrer Partei vorgeschlagen. Mit einer Gegenstimme. Anschließend erkämpfte sie sich, mit freundlicher Unterstützung der bayerischen Genossen, wieder einen vorderen Platz auf der Bundesliste und wird ihren Parlamentssitz am 7. Juni gewiss verteidigen. Ob Roth-Behrendt das Mandat in der Mitte der Legislaturperiode an den Nachrücker und Parteilinken Marc Rackles abgibt, der als Europareferent im Roten Rathaus arbeitet, bleibt offen. „Es gibt so viele Gerüchte“, mehr sagt die Kandidatin dazu nicht.

Ihr besonderes Interesse galt von Anfang an dem Umwelt- und Verbraucherschutz: Beispielsweise hat sich Roth-Behrendt für die bessere Kennzeichnung kosmetischer Produkte und das Verkaufsverbot für Robbenfelle engagiert, für die Verlängerung der Garantiezeit bei fehlerhaften Produkten oder für größere Transparenz bei Verbraucherkrediten. „Ich habe eine Menge erreicht.“ An Selbstbewusstsein fehlt es Roth-Behrendt nicht. Künftig will sie sich mehr um die reformbedürftigen Richtlinien für genveränderte Produkte und Biopatente kümmern, aber auch um Arzneimittelfälschungen und die Patientensicherheit.

Das EU-Parlament, sagt Roth-Behrendt, sei in den letzten 20 Jahren „eine richtige Volksvertretung mit Gesetzgebungskompetenz geworden, die über wichtige Dinge entscheidet, die unser tägliches Leben betreffen“. Als sie nach Straßburg kam, war es das Europa der zwölf, jetzt sind es 27 Mitgliedsstaaten. Das Klima sei hektischer, schärfer und noch politischer geworden. Die Arbeit im Parlament habe „in Zehnerpotenzen“ zugenommen. Und Roth-Behrendt mittendrin. 

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