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Experten: "Ein Mundschutz ist völlig übertrieben"

Mit Mundschutz in den Urlaubsflieger? Vorbeugend Tamiflu nehmen? Seit sich das H1N1-Virus rasch ausbreitet, stellen viele Menschen solche Fragen. Zwei Experten gaben dem Tagesspiegel Auskunft.

Wir sprachen mit der Leiterin des Institutes für Virologie der Charité, Professorin Regine Heilbronn, und dem Chef der Infektiologie am Benjamin-Franklin-Klinikum in Steglitz, Professor Thomas Schneider.

Gibt es schon einen Impfstoff oder vorbeugende Medikamente?

Nein. Drei Firmen haben zwar schon Musterimpfstoffe entwickelt, die zugelassen sind und produziert werden dürfen. Die Herstellung bereitet aber noch Probleme, weshalb man an der Charité frühestens im Herbst mit einem verfügbaren Impfstoff rechnet. Alle potentiellen Hersteller treiben die Produktionsreife voran. Finanziell sei das abgesichert, heißt es, da Deutschland und viele Nationen schon jetzt massenweise Impfstoffe bestellen.

Tamiflu in den Urlaub mitnehmen?

Das verschreibungspflichtige Medikament Tamiflu, mit dem an Schweinegrippe Erkrankte behandelt werden, sollte man nicht vorbeugend nehmen. Davon raten die Experten „dringend“ ab. Es darf wegen möglicher allergischer und anderer Nebenwirkungen nur unter ärztlicher Kontrolle verabreicht werden. Man weiß zwar aus Erfahrung, dass Tamiflu präventiv wirken kann, dies ist aber noch nicht wissenschaftlich bewiesen.

Wie kann man sich präventiv schützen?

„Hygienemaßnahmen ernst nehmen“, sagt Virenexpertin Regine Heilbronn. „Hände mit Seife waschen, schniefenden Leuten ausweichen.“ Für „völlig übertrieben“ hält sie einen Mundschutz beim Flug in die Ferien oder in der überfüllten S-Bahn. Mundtücher seien ohnehin kein sicherer Schutz. Außerdem verlaufe die neue Grippe hierzulande „eher milde“, sagt sie und warnt „vor Panikmache“.

Sind Schwangere besonders gefährdet?

Das H1N1-Virus kann die Plazenta-Sperre nicht durchdringen. Deshalb sind ungeborene Kinder selbst dann geschützt, wenn sich die Mutter infiziert hat. Allerdings belaste der „allgemeine körperliche Stress durch eine Erkrankung natürlich auch das heranwachsende Kind“, sagt der Infektiologe Thomas Schneider. Ob das Medikament Tamiflu einer erkrankten Schwangeren verabreicht werden sollte, ist aus Expertensicht eine „knifflige Frage“. Es fehlten bei diesem recht neuen Arzneimittel noch ausreichende Erfahrungen über mögliche Nebenwirkungen für Mutter und Kind. Deshalb werde Tamiflu in der Regel nur bei schwereren Krankheitsverläufen gegeben – „nach Abwägung im Einzelfall“. CS

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