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Nur keine Panik. Die Ermittler sichern den Tatort in der verschneiten Nacht. Foto: ZB/dpa

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Berlin: Fahnder jagen den Bombenbastler von Hennigsdorf

Jede Nacht eine laute Explosion in der Kleinstadt Die Anwohner werden zunehmend nervös.

Hennigsdorf - Das Holz von drei Brettern der Parkbank ist gesplittert. Doch sonst weist im Neubauviertel am Bahnhof der Kleinstadt Hennigsdorf – nordwestlich Berlins gelegen – nichts auf die jüngste Detonation eines Sprengkörpers aus Pyrotechnik hin. Der Schnee der vergangenen Nacht hat die Brandlöcher auf dem Boden unter der Bank zugedeckt.

Trotz des geringen Schadens sind die Menschen im Viertel aufgeregt. „Das hat einen gewaltigen Krach gegeben“, sagt ein älterer Mann am Fenster des Hochhauses in Sichtweite der beschädigten Parkbank. „Das ist eigentlich mein täglicher Gassiweg. Man hat schon ein mulmiges Gefühl.“ Die meisten Passanten reagieren ähnlich. „Man kommt ja mit dem Zählen der Bomben gar nicht mehr nach“, meint etwa eine mit Einkaufstaschen bepackte Frau. „Das geht nun schon eine Woche so. Dem Störenfried müsste man doch mal auf die Spur kommen.“

Die Polizei spricht inzwischen nicht mehr von einem „Dummen-Jungen-Streich“, wie anfangs in der örtlichen Presse zu lesen war. „Sechs Explosionen zeugen von einer erheblichen kriminellen Energie des Täters oder eine Tätergruppe“, sagt Toralf Reinhardt, Sprecher der zuständigen Polizeidirektion Nord. „Der Fall gehört in die Verbrechenskategorie und wird von uns sehr ernst genommen.“ Das „Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ werde mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr geahndet. Deshalb sei zur Aufklärung der Taten eine zehnköpfige Sonderkommission gebildet worden. Zusammen mit hiesigen Polizeikräften würde das betroffene Gebiet rund um den S- und Regionalbahnhof verstärkt überwacht.

Tatsächlich beobachteten mehrere Zivilbeamte am Freitag die Plätze vor und hinter dem Bahnhof. Sie waren unschwer an ihren Funkgeräten unter den Jacken und an ihrem gelangweilten Hin- und Herlaufen in der Kälte auszumachen. „Der Einsatz sollte auch keineswegs geheim sein“, hieß es hinter vorgehaltener Hand. „Wir wollen auch präventiv wirken.“

Bislang wurden die selbst gebastelten Rohrbomben immer im Schutze der Dunkelheit im Bahnhof und in den umliegenden Straßen abgelegt. Anfangs sprach die Polizei nur von „möglicherweise zusammengesteckten Silvesterböllern“. Aber inzwischen besitzt sie offensichtlich andere Erkenntnisse, zumal sie eine in einem Metallrohr steckende Sprengstoffmischung nun exakt untersuchen kann. Das Teil war am Donnerstagabend beim Absuchen des Geländes rund um die Parkbank entdeckt und mit einem Roboter geborgen worden. „Mit Details halten wir uns zurück, um die Ermittlungen nicht zu gefährden“, erklärt der Polizeisprecher. Man wolle kein Täterwissen preisgeben.

Zeugen der Explosionen konnten bisher nicht gefunden werden. Vor zwei Wochen setzte eine Detonation den Fahrstuhl auf dem S-Bahnsteig außer Betrieb. Der Schaden ist noch immer nicht repariert. Danach knallte es auf der Treppe zum Bahnsteig. Am Dienstag folgte eine Detonation auf dem Bahnhofsvorplatz, bevor am Donnerstagabend die Anwohner der Stauffenbergstraße gleich dreimal durch einen lauten Knall aufgeschreckt wurden. Personen kamen bisher noch nicht zu Schaden. Passanten beobachteten „durch die Luft fliegende Teile“ und auch die Polizei fand an einem der Tatorte ein größeres Metallstück. „Wir warnen dennoch vor Panik“, sagt Polizeisprecher Reinhardt. Auch die Stadtverwaltung gibt bisher keine Stellungnahme ab. „So etwas habe es bisher in der Stadt noch nicht gegeben“, hieß es im Rathaus.

Von Unruhe war denn auch am Freitag rund um den Bahnhof nicht viel zu spüren. Die Menschen nahmen sich sogar viel Zeit für den Weg zum Bahnsteig. Das lag aber allein an der S-Bahn, die zum Ärger der Reisenden nur alle 40 Minuten in Richtung Berlin fuhr.

 Claus-Dieter Steyer

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